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Monat: Februar 2025

Ich bin kein Tourist

Der Zahn ist raus! Nach Wochen mit Zahn und Hautschmerzen im Gesicht meint meine Frau „Jetzt wackelt er auch noch, ich glaub jetzt muß ich…“. Endlich darf ich einen Zahnarzttermin machen und wähle diese einfühlenden Jungen Männer…

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Wahnsinn wie lange Andrea mit dem faulen Teil durchgehalten hat, aber jetzt ist alles gut. Glück im Unglück, es war der hinterste -braucht man nicht- und die ärztliche Versorung ist sensationell auf Antigua. Auch sonst gibt’s kaum (dazu später) was zu meckern. Alles sehr freundlich und british und ned ganz billig, aber überall guter Kaffee (Yeah!). The rich and famous halt. English harbour kann man jetzta auch kaum von der Cote d’Azur unterscheiden. Ankern ist umsonst, aber Essen gehen haut schon rein. Auch Ersatzteile gibts hier en masse gegen ein geringes Entgelt. Ein Solarpanel hat hingeschmissen, ein Steuerkabel der Ankerwinsch ist durch korrodiert und ich hau endlich richtig rutschfesten Belag auf die Laufflächen neben dem Pod. War arschgefährlich wenn Wellen drüber sind und man da müde und hastig bei Nacht drüber wollte.

English Harbour ist auch das touristische Highlight der Insel. Die Kreuzfahrtschiffler werden hierher gekarrt um sich die schön renovierten Gebäude in Nelsons Dockyard anzusehen. Da hab ich jetzt ABSICHTLICH keine Fotos. Hallo! ich bin ja kein Tourist, oder? Wir sind vollständig assimiliert. Der Beweis wird in den düsteren Nebenstraßen der Hauptstadt St. John erbracht. Ein alter Rastafari spricht uns an: „Bossman, you have some weed?“. Ich: „No thanks I dont want to buy weed“. Er: „No,no, bossman I want to buy weed from you!“. Ich muss ihm klarmachen das wir nix zu verkaufen haben. Er findet das lustig, weil: „You look like a local grower, huahahaha“. Wir sehen mittlerweise wohl so abgerissen und/oder so gechillt aus, das wir als Einhimische Drogenverkäufer durchgehen. So soll das sein. Voll integriert. Der stilvolle Gentleman auf dem Bild unten ist anscheinend trotz goldenem Marijuanablatt um den Hals wohl kein Verkäufer. Die sehen eher aus wie wir.

Auch ein Zufall. In Martinique hat uns ein Brite erzählt, das ein Freund von ihm gerade für Krebshilfe über den Atlantik rudert. Es gibt Einer, Zweier und Vierer. Der Freund rudert im Zweier. Immer zwei Stunden Schlaf und zwei Stunden Rudern und das 40 Tage lang. Na Servas. Es gibt noch Männer (und Frauen! EIn ganz junges Mädchen war auch dabei im Einer). Also für mich wär das eher nix. Ich finde so lange Strecken Segeln schon a bissi anstrengend. Also der Zufall: Ich steh in Nelsons Dockyard und da ist großes Hallo, weil eins der zweier Team gerade einläuft. Es sind die Briten, 38 Tage! Gibts doch nicht, oder? Beide Herren 11kg leichter aber glücklich.

Ach ja… Für die Touristen in English Harbour gehts weiter mit dem Bus zum Aussichtspunkt Shirley Heights. Der pure Stress wie mir oben einer berichtet. Sie hätten nur 5 Minuten und dann müssen sie noch ne halbe Stunde an den Strand und dann zurück zum Cocktail nach St. John. Pfuhhh.

War eh lustig auf dem Aussichtspunkt. Wir sind zu Fuß rauf. Erst hat uns Eminem (88 Jahre und das ist sein Name- Schwört er) in seinem Boot über die Bucht geschippert. Er macht das seit 55 Jahren. Alles ganz langsam und in Zeitlupe.

Eminem

Dann bergan. Die Natur ist hier fast wie am Mittelmeer und wenn man oben am Gipfel aus dem Dickkicht bricht ist es wie auf dem Oktoberfest. Da warten die Kreuzfahrer schon bei Bier und Pommes. Und da hab ich jetzt LEIDER kein Foto. Wie konnte mir das passieren? Aber zum Glück waren es wieder einmal Deutsche von der Aida, sonst hätte ich die folgende Unterhaltung nicht verstanden. Eine eher vollrunde Frau platziert sich auf dem Mäuerchen am Aussichtsplatz und schreit nach ihrem sehr schmächtigen Mann:

„Los, mach mal ein Foto“. Er zieht das Handy raus und dann folgender Monolog: „Mit Hintergrund, das hast du das letzte mal falsch gemacht…Neee! nicht Hochkant, sondern quer“. Sie dreht die Augen gen Himmel. „Und weiter weg, sonst ist ja wieder kein Hintergrund drauf, wie beim letzten mal“. Er macht das Foto. „Zeig mal…Oh Mann du hast zu hoch gehalten. Das gibts doch nicht. Mach noch mal“. Er wieder in Position. Klick. „Zeig!…Jetzt schau mal wie dick ich da ausseh! Du bist echt zu nix zu gebrauchen. Lass sein du kannst das nicht, ich frag mal den Tourguide. Bestell mir mal ne Pommes, aber kein Bier mehr für dich“.

Die Hölle auf Erden. Ich hoffe der arme Mann bekommt einen Ausgleich als Mönch, Eremit, oder Scheich mit Harem in einem andern Leben (gibt es hat Alex weiter unten mir versichert). Er hat es verdient. Da wär jetzt ein Foto zu schön…blöd. Ich war so fassungslos von dem Monolog und damit beschäftigt Abstand zu halten von den Virenschleudern. Eine Erkältung langt…

So mal ein paar Bilder von den Wanderungen fürs Archiv:

Als kleine Auflockerung so eine Art Rorschachtest. An was denkt ihr bei dem letzten Bild…?

Genau! Iced Caffee Latte mit Strohhalm, was sonst. Nur meine Frau wieder. Will gar nicht wiedergeben an was die denkt. Total pubertär, vor allem in ihrem Alter. Zum Beweis, die Ähnlichkeit is frappierend. Aber sie kennt mich ja. Immer nur Caffee im Kopf.

Das mittlere Bild ist vom Hermitage Beach. Super Ankerbucht mit Schildkröten, im Hintergrund verschwommen die Gleda. Da steht das Hermitage Resort. Fünf Sterne All Inclusive. Ich hab das mal auf Booking.com angesehen und tatsächlich für 25.000 Euro die Woche wäre für zwei Personen in drei Monaten noch was frei. Sonst ausgebucht. Ich denk drüber nach…Die spinnen die Römer. Der F&B Mann mag uns und wir dürfen an der Bar für 8 Euro nen Caffe trinken. Der erste geht aufs Haus, weil sie können Leute von ausserhalb ned gescheit abrechnen. All inclusive. Das hat natürlich zur Folge das die Gäste hier fressen und saufen als ob es kein Morgen gibt. Um 9:00 in der Früh sitzen die beim ersten Cocktail mit Filetsteak. Ob das gesund ist? Als libertärer Kapitalist muß sogar ich sagen, das zu viel Geld manchmal zu seltsamen Leuten führt. Die ganze Gesellschaft hier ist ein bischen wie in der Serie „The white Lotus“.

Um die Ecke am öffentlichen Teil des Strandes sitzt Alex. Er ist in der Band vom Hotel und macht Pause. Total zugekifft. Wie der noch spielt weiß ich nicht, aber das ist ja hier nötig zur Religionsausübung. Als er mich sieht fängt er fast das heulen an. Er kennt mich! Aus einem früheren Leben! Yessas! Ich muß mich dazusetzen und ihn beruhigen. Er ist sich nämlich nicht sicher, ob er im früheren Leben was schlechtes gemacht hat. Ich sage ihm, das er eine gute Seele ist. Ob ich mir sicher bin? Ja logisch, ich war ja dabei! Da lächelt er wieder. Ufff. Als Glücksbringer schenkt er uns zwei Anhänger. Johnny und Gwen, die baumeln jetzt im Cockpit und passen auf.

A propos Religionsausübung. Wir wollen unbedingt die Eselsrettungsstation besuchen. Esel sind was tolles. Nur Google maps kannste hier wie an so manchen entfernten Orten vergessen. Wir kommen erstmal auf einem Feldweg irgendwo im Nirgendwo raus. Und da steht diese Rastakirche,tempel? Wir wollen natürlich mal reinluren wenn wir schon da sind, haben aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Gar nicht mal so gechillt werden wir von einem Rasta(priester??) aufgefordert das Gelände sofort zu verlassen. Wir sind irgendwie unrein und vor allem!!… „We have a strict dresscode here“. Ja wie? Bunte Mütze und Rastas? Ich bin ein bischen geschockt über so viel Intoleranz. Sonst waren die Kameraden immer der Inbegriff von Freundlichkeit. Aber wir sind natürlich ohne murren weiter.

Die Esel sind auch echt schwer zu erreichen. Straße kann man das nicht nennen. Einmal sitzen wir voll auf und ich knie mich runter um zu sehen ob ich den Mietwagen put gemacht hab. Zum Glück nein, aber ich knie im fiesesten Ameisenhaufen ever. ca. 40 Minuten Schmerzen vom Feinsten. Die Ameisen hier haben auf jeden Fall eine andere Qualität als in Deutschland. Noch Tage später werfen meine Beine eitrige Blasen an den Bißstellen. Hab mich von den Eseln trösten lassen. Andrea hat auch gleich einen adoptiert. Irgendwann brauchen wir auch so Tiere…

Jetzt samma in Guadeloupe und warten auf Ben und Livia. Juhuu. Ach ja! Mensch, fast vergessen. Ein Erlebnis der anderen Art war das Ausklarieren in Jolly Harbour. Mir san ja immer super freundlich und ich hab immer alle Papiere pickobello beisammen, aber an der Dame von der Immigration hab ich mir nen Zahn ausgebissen. Die größte Zwiederwurzen zwischen Florida und Venezuela. Wir kommen um die Ecke und sie starrt mich mit tötlichem Blick an. Ich lächle „We would like to check out“. Sie starrt einfach weiter. Ich propiers noch mal „Can we check out with you, we want to leave Antigua“. Sie: „Where is your boat“. „At Hermitage beach“. Sie „NO“. Ich „Why not“. Sie „Read the law“. Oh Gott, das wird lustig. Ich bekomme nicht raus wo das Problem ist. Langsam werde ich auch ein bisschen sauer. Ich sag ihr das sie ihren Job machen soll, oder mich zum Vorgesetzten lassen soll. Nix zu machen. Nach 5 Minuten lässt sie sich herab, das man in Jolly Harbour und nicht 200m weiter in Hermitage Beach Ankern muß zum ausklarieren. What the fuck? Wir ziehen ab. Es hat keinen Sinn. Eine Nacht sinier ich ob wir einfach illegal abfahren, aber das kann irgendwann ein Problem sein. Also ankern wir um und ich trau mich am Sonntag noch mal in der Früh hin. Ich schaue ganz vorsichtig um die Ecke…und JA! Schichtwechsel. Alles kein Problem, keiner will wissen wo wir Ankern. Stempel in den Pass, danke, gute Fahrt. Die Dame muß sich in ihrem nächsten Leben auf jeden Fall Sorgen machen ob sie in einem früheren Leben schlechtes Karma gesammelt hat. Aber ich tröste sie dann nicht.

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Simple Man

Wir sind in Dominica und logo – alle san gleich wieder super drauf. Bis auf mich. Bin fetzen erkältet und wie bekannt, bei sowas die größte Lusche. Andrea hat es dann eine Woche später auch erwischt, aber sie steckt das viel, viel tapferer weg. Ich weiss auch wer mir das angehängt hat. Mein Akzent ist nämlich so komisch nasal geworden. Daher bin ich sicher, das den Mistvirus die Sachsen auf dem Kreuzfahrtschiff eingeschleppt haben. Zefix. Daher hab ich auch fünf Tage total verpennt und es gibt nicht ganz so viel zu berichten.

Also…Um ein Auto zu mieten hab ich mir erst mal schnell für 30 EC Dollar einen dominikanischen Führerschein kaufen müssen. Das war nun wirklich einfach. Ich versteh gar nicht, warum sich meine Kinder monatelang so angestellt haben ihre einkassierten Führerscheine wiederzubekommen. Wenn ich noch ca. 100.000 USD draufgelegt hätte, dann wäre auch gleich noch ein Paß und die dominikanische Staatsbürgerschaft dabei gewesen. Toll. Das ist ein florierendes Geschäftsmodell in Dominika. 50% des BIP, über eine Milliarde USD kommen aus Passverkäufen. Hab ich auf einer Demo gelernt, in die ich mitten vor dem Gericht in Rousseau geraten bin. Eine echte Räuberpistole. Drinnen im Gericht sitzen zwei Amis, die zwei Kanadier in ihrem Auto erschossen und dann angezündet haben sollen. Opfer wie Täter Multimillionäre, die sich wohl um eine Zufahrtsstrasse gestritten haben. Die Kanadier waren saubeliebt auf der Insel, haben Schulen und Krankenhäuser gebaut. Die Amis eher Mafia, aber gut vernetzt mit der Regierung, weil sie eben Pässe an zwielichtige Gestalten für die Dominikaner verkloppt hatten. Wegen der ganzen Spezlwirtschaft war die aufgebrachte Menge dann auch etwas unsicher, ob da der Gerechtigkeit genüge getan wird. Das Ende der Demo… meherer Polizisten verlassen das Gebäude und brausen ab. Das wars, weil die haben einfach die Gauner in Polizeiuniformen gesteckt, wie ich am nächsten Tag in der Lokalzeitung lesen kann. Bananenrepublik, live.

Dem Touristen werden allerhand Genüsse angeboten, aber irgendwie ist für mich nix dabei. Die typische Unterhaltung geht so:

„Yo, bossman!… Hey you Captain!!!… You want smoke?“ – „No“ – „Ok, you want drink?“ – „No“- „You want girl?“ – „No“ – „Ahhh! You want boy!“ – „No,no,no, thank you“ – „Bossman, what do you want??“ – „A proper Cappuccino!“ – „Maaan, whats wrong with you?“. Die Unterhaltung hat in der Location auf dem Bild unten stattgefunden. Lustig, die Frau die sich die Tasche vor den Kopf hält. Ist mir erst später aufgefallen. Bevor ich ein Portrait mache, frag ich natürlich. Aber nicht bei so weit weg. Den Männern ist es meist egal, aber fast alle Frauen weigern sich. Wollen wohl keinen weltweiten Fame durch meinen Blog. Lol.

Guten Kaffee gibt’s also auf der Insel nicht, aber mit lokalen Zutaten machen wir Experimente mit meiner kleinen Espressokanne und dem Rest der guten Fugobohnen . Z.b kalter Espresso mit frischer Maracuja und Kokoswasser. Sehr geil…Wer hat so was schon?

So… also abschliessend die Geschichte mit dem Simple Man. Da wo wir immer unser Kajak angelandet haben lebt ein Rastafari in einer Bretterbude direkt am Strand. Kocht seine Eintöpfe aus was auch immer sein Gemüsebeet gerade hergibt (Kürbisse wachsen hier z.B. wild am Strand) über dem offenen Feuer, fischt und chillt. Sein richtiges Haus zwei Strassen weiter landeinwärts hat der Hurricane 2018 mitgenommen und in den Holzresten haust er jetzt ganz glücklich. Nach drei Tagen finde ich die Anrede „Yo man“ zu unpersönlich und frag ihn wie er denn heißt. „Simple“. Da frag ich lieber noch mal nach. „You have a simple name?“ – „No, my name is ‚Simple'“. „You know my mother told me when I was a kid that I should lead a simple live, because thats a happy life. And everyone called me Simple Man“. Da hab ich gleich eine Ganzkörpergänsehaut. Simple ist 70 Jahre alt, also konnte seine Mutter das Lynard Skynard Lied von 1973 gar nicht kennen als er klein war. Aber sie hat ihm genau diesen Ratschlag mitgegeben und er hat genau so gelebt. Und er ist wirklich glücklich. Also wer das Lied nicht kennt muß sich das unbedingt erst mal anhören.

Und hier das Beweisfoto. Wenn der Mann nicht glücklich ist….

Simple Man

Und jetzt noch ein paar Fotos vom Rest der Mischpoke in Portsmouth. Einen kleinen Karnival gabs auch, aber die Teilnehmer waren alle irgendwie eher traurig. Wahrscheinlich wegen der Technoraggamusik. Das ist nichts für schwache Nerven. Ach ja und ein Haufen Rahsegler sind in die Bucht eingelaufen. Das Foto ist von der Alexander von Humboldt II (Becksschiff) vor dem alten Fort. Wir hatten wohl den selben Blick auf die Bucht und Festungsanlagen wie ein Beobachter von 1780.

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