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Tiki 38 Gleda Beiträge

Kaffeeluke

Die Rümpfe haben eine Stehhöhe von 1,83m. Der Smutje ist unter 1.7m, passt also. Ich mit meinen 1.93 kann dann halt leider nicht meine aufwendigen Sternegerichte kochen. Das Problem ist, der Smutje weigert sich morgens aus der Koje zu steigen, wenn ich ihm nicht wenigstens 2 Tassen Kaffee ans Bett bringe. Bei der Zubereitung muss ich aber gerade stehen, sonst können Fehler im Produkt entstehen, welche mit unglücklichen Blicken geahndet werden.

Also kam die Kaffeeluke ganz oben auf die Prioritätenliste. Noch vor dichten Rümpfen. Ist auch sonst praktisch. Die Kochhitze kann abziehen und wenn man den Deckel auf Abstandshalter legt hat man immer eine gute Belüftung im Rumpf, auch bei Regen.

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Eine Handbreit Wasser

Gleda hatte als Tiefenmesser einen Stab an dem ein Fishfinder mit Kabelbindern festgemacht war. Der Stab wurde durch die Klappe vor dem Pod ins Wasser gesteckt und dort seinem Schicksal überlassen. Je nach Geschwindigkeit hat der Tiefenmesser also nach vorne bzw hinten geschaut, oder auch mal nachgesehen was so seitlich los ist. Das hatte Flair, war mir dann aber doch zu wenig wissenschaftlich für so wichtige Daten. Selbst minimalistische Wharramsegler sollten wissen wann es knirscht.

Es gibt zwei Möglichkeiten für den Einbau eines Tiefenmessers. Entweder absenkbar (aber fest arretiert), oder fest verbaut mit Rumpfdurchbruch. Loch im Rumpf ist immer ungut, aber in dem Fall die bessere Wahl. Man muss nicht erst den Tiefenmesser bereit machen, sondern hat immer eine Tiefe auf dem Display. Als Bonus gibt es noch eine Logge (Geschwindigkeit durchs Wasser) dazu. Zusammen mit dem GPS wissen wir auch ob Strom mit oder gegen uns steht. Also beschließe ich in meiner „no holes policy“ eine Ausnahme zu machen.

Der Tiefenmesser soll Steuerbord, rechts außen sitzen. In Kanälen oder Flüssen ist da normalerweise die flachste Stelle. Im Rumpf ist an der Stelle auch ein guter Platz um den Tiefenmesser mit einem eigenen Schott gegen Wassereinbruch zu sichern.

Der Einbau ist nicht ganz leicht, da der Tiefenmesser genau senkrecht nach unten zeigen muss, die Rümpfe aber eine V-Form haben. Ich habe mir daher ein Epoxyfitting gegossen, das in ein Loch in den Rumpf geklebt wird. In das Fitting kommt der ziehbare Geber. Das Fitting wird dann möglichst stromlinienförmig verkleidet.

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Nur ein paar kleine Reparaturen

Natürlich habe ich eine Liste im Kopf. Eine tolle Liste mit tollen Verbesserungen für Gleda. Alles Sachen die nicht viel Zeit in Anspruch nehmen. Die Beams neu verglasen zum Beispiel, da schaff ich doch locker 2 Stück in einer Woche… hab ich echt gedacht während ich gemütlich sinnierend dahingesegelt bin, irre oder? Derweil hab ich doch schon mal ein Boot gebaut und kenn den Faktor 4 für veranschlagte Zeit und Faktor 2 für Kosten. Ist wahrscheinlich ein Verdrängungsmechanismus, so wie bei einer Geburt.

Eigentlich wollten wir im Sommer 2021 für 3 Monate segeln gehen, aber bis dahin -das ist jetzt klar- schaffen wir nicht die wichtigsten Änderungen am Boot. Daher soll der Startschuss im Frühjahr 2022 erfolgen. Na ja das ist ja jetzt echt viel Zeit, da kann man noch ein paar Sachen mehr machen. So denke ich wirklich. Ich merke das und kann es nicht ändern. Pathologisch. Um anderen ein mahnendes Beispiel zu sein lege ich mich hier mal mit einer Liste fest. Folgende Dinge müssen bis Mai 2022 fertig sein:

  • neue Ruder aus Coosa
  • Mastfuß vorne verbreitern für 2 Anker mit Ankerkasten und elektrischer Winsch
  • neuer Steuerstand (Großprojekt)
  • alle Beams (Holme) verglasen. Stahlsicherungstifte durch Blöcke ersetzen (Fäulnis in den Löchern der Stifte)
  • Antifouling runter und neu mit Coppercoat machen
  • Komplett neue Elektrik mit Lithiumbatterien
  • Tiefenmesser im Rumpf
  • Neue Lukendeckel (teils undicht wie auf allen Booten), plus neue Luke über dem Herd, damit ich da stehen kann
  • synthetisches Rigg aus Dyneema
  • Doppelbett im Backbordrumpf statt Sitzecke.

Viele Kleinigkeiten fehlen noch. Einige Dinge sind jetzt auch schon erledigt. Manches hört sich leichter an als es wird. Also pack mas.

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Die große Überfahrt – Teil 2

Mir war tatsächlich etwas mulmig als Andrea nach 4 Wochen abgeflogen ist. Auf einmal alleine auf der Gleda. Um den Soloseglerblues setzen zu lassen bin ich erst mal Wäsche waschen gegangen, die Abfahrt kann noch warten. Mit dem Wind muss sich ja bitte schön auch was tun. Gegenan die Adria hoch, da hat der Spaß ein Loch.

Die Wäsche ist fertig, ich wuchte sie mir nass im Seesack auf den Rücken, mach mich auf zur Gleda und überlege wie ich uns in eine gute Position bringe für die Querung der Straße von Otranto. Erikousa bietet sich an, eine von drei kleinen Inseln im Norden von Korfu. In zwei Tagen gibt es Hoffnung auf Flaute. Hört sich komisch an, ist aber so. Besser als Wind auf die Nase. Bei Flaute kann man zumindest unter Motor von Erikousa nach Italien kommen. Das sehen andere auch so. Ein Pärchen auf der „Joshi“ macht den selben Trip. Wir treffen uns in jeder Bucht.

Die Gleda vor Erikousa
Fiki Sunset Bar auf Erikousa
wieder nach Italien

Die 60sm nach Otranto schieben uns abwechselnd die beiden Aussenborder, brrrrrmmrrmrrmrm, gaga, brrrr, nur die letzten zwei Stunden kommt Wind auf. Was für ein Glück, er bläst von querab.

Zur Belohnung für die laute Fahrt ziehen wir uns in der wunderschönen Altstadtfestung eine prima Pizza rein. Alles ist Bummvoll mit italienischen Urlaubern. So eng gedrängt, man kann es sich nicht mehr vorstellen.

Otranto

Ursprünglich wollte ich möglichst bald die Adria oberhalb von Montenegro queren, um in Kroatien mit seinen vielen Inseln und sicheren Ankerplätzen dann Richtung Norden zu segeln. Die italienische Adriaküste bietet kaum Schutz. Nur ewige komplett offene Sandstrände und überfüllte Häfen. Die kroatische Variante hat aber einen Haken. Ausklarieren I-Einklarieren HR-Quarantäne-Ausklarieren HR-Einklarieren I-Quarantäne. Die Coronazahlen in Kroatien waren auch sehr hoch. Es war unklar wie schwierig die Italiener eine Einreise wirklich machen. Heimlich, d.h. unter dem Radar queren, AIS ausmachen, Klarieren vergessen, ist zu riskant. Ich bin zwei mal Nachts in der Adria vom Zoll kontrolliert worden. Alles wurde untersucht, die Papiere akribisch durchgegangen. Jedesmal ca 30 Minuten am Zollschiff angekettet, aber sehr freundliche Zöllner, muss man mal sagen. Hab ja auch alle Dokumente mit deutscher Gründlichkeit in einer Mappe zusammen mit einem 100 Euro Schein der da rein gerutscht ist parat gehabt (Scherz: waren wirklich sehr korrekt).

Das Abfangmanöver des Zoll ist beindruckend. Zuerst schießt das Boot wie ein Komet mit Blaulicht am Bug vorbei und als man noch denkt „damn das war aber schnell „, hat es schon gewendet und die Enterhaken geschmissen. Von der ersten Sichtung keine 15 Sekunden. Wie ein Boxenstopp in der Formel 1.

Der Kommissar geht um

Für eine Nacht ist günstiger Wind aus Osten vorhergesagt, dann wieder Mistral aus NordWest. Ich versuche die Nacht durch möglichst bis Bari 110sm nördlich zu kommen, was sich als goldrichtig erweisen wird. In den kommenden Tagen wird der Wind unterhalb von Bari extrem ungünstig. Es wird Nachts nicht langweilig, der Küstenstreifen der wie Lametta daliegt sieht toll aus. Überall sind Fischerboote die keinem festen Kurs folgen und einen auf Trapp halten und natürlich die Zollkontrolle.

Gegen Abend des nächsten Tages hab ich es fast geschafft, aber über Bari steht ein riesiges Gewitter. Diesmal bin ich schlauer, dreh bei und seh mir das Spektakel eine Stunde aus der Ferne an. Es wird dunkel als ich endlich einlaufen kann. Der Hafen ist wie überall voll, im Hafenhandbuch ist aber ein nur 1,50 tiefes Becken vor dem inneren Hafeneingang verzeichnet. Von hier nix ankern steht da nix, Gleda hat 1,10 Tiefgang, also …Anker fällt. Ich bin der einzige hier, etwas seltsam.

Bari Privatankerplatz vor der Promenade
Bari Altstadt

Mit dem Seesack zieh ich los und mach die Vorräte voll, dann ab zur Tankstelle im Hafen. Möglichst schnell soll es hoch nach Gargano gehen, eine Wetterscheide ab der es potentiell vom Wind besser wird. Fast jeden Abend gibt es jetzt schwere Gewitter an der Küste. Am folgenden Abend muss ich Schutz in einem kleinen Fischerhafen bei Margherita di Savola suchen als sich der Himmel bedrohlich zusammenzieht. Im strömenden Regen versinken der Bug und Heckanker im Schlick. Das Gewitter zieht mit schweren Böen direkt über uns durch. Vor den Blitzen muss ich wegen der hohen Kräne zum Glück aber keine Angst haben.

typische Abendstimmung

Zum Gargano ist es nur noch ein Hopser. Die Felsen sind ein schöner Kontrast. In der Cala del Fico ruh ich mich bis um Ein Uhr Nachts aus, dann geht es rund um den Sporn. Gern wäre ich in Vieste geblieben, aber der Wind lässt es nicht zu. Genau 7 Stunden weht er nicht aus Norden, die muss ich nutzen.

Gargano – Cala del Fico

Weiter, immer weiter geht es über Termoli nach Senegallia. Die thermischen Seewinde in diesem Abschnitt verkürzen die nervenden Motorstunden. Mit 7 Knoten Genusssegeln geht es dahin. Ich bleibe immer nur kurz, obwohl es viele reizende Orte gibt. Sollte nämlich starker Wind aus Ost aufkommen wird es ungemütlich. Es gibt einfach keinen Schutz. Die Sandstrände sind extrem flach und bauen eine steile Welle auf. Die Häfen sind voll. Einmal bin ich bei einer Anfrage nach einem Platz tatsächlich laut ausgelacht worden – nächstes Jahr um die Zeit, ja vielleicht, da wäre evtl. was möglich.

Senegallia – repräsentativ für 1000 km Strandlinie

In Pesaro ist es dann soweit. Ich lege mich vor die Kaimauer an den Strand. Die Windvorhersage ist nicht supi, aber auch nicht Drama. Aus Kroatien soll in der Nacht Wind mit 3-4 Bft wehen. Ein ehemaliger Kollege von mir ist genau auf der anderen Seite in Kroatien beim Segeln, wir tauschen uns aus.

Er: „Wo bist Du? Die Fischer gehen nicht raus, der Wirt sagt ich soll auf keinen Fall ankern, sondern in einen Hafen. Bora, Sturmvorhersage“

Ich: „Hä? Meine Wetterapps sagen was ganz anderes, die haben wahrscheinlich keine Ahnung, die Fischer“

Er: „Ja also, ich seh das auch nicht, aber vorsichtshalber geh ich in ne Marina“

Ich: „Feige Sau….“

…was soll ich sonst sagen, ich habe keine Wahl. Wassertiefe ist 3m, ca 1000m vom Strand entfernt. Beide Anker werden ausgelegt, das sollte halten, dann ab in die Koje.

Um zwei in der Früh heißt es „Reise, Reise“ (los raus aus dem Bett), weil einer mit nem Hammer gegen die Bordwand schlägt. Gleda bockt wie verrückt auf und ab, ich schaff es fast nicht die Luke rauf. Der Anblick ist nicht schön. Obwohl so weit vom Strand weg liegt Gleda in der Brandungszone. Die Wellen brechen über das Vordeck. Ein Blick auf den Wind: 7Bft!. Die Fischer haben es gewusst. Die Ankerseile sind stramm gespannt, aber wir bewegen uns keinen Millimeter, die Anker sitzen bombenfest im Sand. Gleda hat einen 20kg Manson und einen Fortress FX-37, das sind schwere Geschütze. Beim Ankergeschirr hab ich zum Glück keine Kompromisse gemacht. Der Manson wird sogar noch gegen einen 25kg Mantus getauscht werden. Es fühlt sich aber ungesund an. Alles ächzt und stöhnt. Ein abgebrühterer Salzbuckel würde jetzt weiterpennen, ich stehe aber auf dem Deck und guck doof, als ob das was helfen würde.

Eine halbe Stunde später kommt ein Blaulicht aus der Hafeneinfahrt, was da wohl los ist? Ich steh noch so da und überlege, als mich der Suchscheinwerfer erfasst. Zum Glück hab ich wenigstens ein T-Shirt an, Hose oder Unterhose war bei dem Gewackel nicht möglich. Das Funkgerät fängt das quäken an:

„Hallo Gleda, hier die Küstenwache. Wir kommen um sie zu retten“..“ Äh hallo Küstenwache, danke nein, lieber nicht, mir geht’s gut“… „Sie haben in der Brandung geankert“ …“Ja ich weiß, war schlau gell?“. So geht das eine Weile hin und her, dann ziehen Sie ab. Das wäre einfach unmöglich gewesen bei dem Wellengang und die Anker halten bombenfest. Und es war im Rückblick eine weise Entscheidung. Ne knappe Stunde später ist der Spuk vorbei.

Am Morgen gilt es eine Entscheidung zu treffen. Der Wind tagsüber aus Nord, an weitersegeln ist nicht zu denken, Nachts dann wieder Sturm aus Ost, diesmal mit Ansage. Nochmal mach ich das nicht mit und beschließe in den Hafen zu gehen, voll oder nicht spielt keine Rolle. Ich mach erst mal in einer Marina fest und werde sofort umringt. „Alles privat, alles voll“, mir alles egal. Ich erkläre meine Lage und mache klar, das ich lieber in der Hafeneinfahrt ankere als wieder raus zu gehen. Ein Einheimischer nimmt sich dann ein Herz und nimmt mich mit zum Hafenmeister, der schickt uns weiter zu den Fischern, ob die einen Platz haben, die sagen ja vielleicht, aber die Küstenwache muss gefragt werden. Fast wie in Deutschland, aber die Anfragen werden nicht gefaxt. Die Küstenwache ist nicht ganz bei der Sache. Sie fangen das kichern an, als sie mich sehen. Ich glaube ich habe so was wie „keine Hose“ verstanden. Meine Herren, jetzt mal bitte etwas mehr Professionalität. Am Ende entscheidet ein Gremium nach wildem Gestikulieren, das ich im Außenhafen bis Morgen zwischen zwei Trawlern liegen darf. Ich fühle mich geborgen. Danke dem ganzen Dorf von Pesaro,

Wir fühlen uns sicher. Zwei Kumpels passen auf uns auf.

Jetzt ist es fast geschafft. Einen ruhige Nacht in Rimini und dann direkt zur Lagune von Lignano. Sobald man die Einfahrt passiert hat muss man sich in den Fahrrinnen halten, sonst sitzt man ganz schnell auf. Zum Glück ist alles gut beschildert. Hier nach Venedig, da nach Rom. Witzig.

hier scharf links.

Die Lagune endet, der Fluß beginnt. Es gibt viel Verkehr. Man soll sich in der Mitte halten. In einer Kurve muss ich wegen einem Prol mit einer Superyacht und Tempo 100 nach rechts ausweichen und Schlllurp, sitze im Matsch fest. Kein vor und kein zurück mehr. Ich überlege gerade ob ich versuchen soll den Anker auszubringen um mich freizuwarpen, da ertönt vom Haus am Ufer gegenüber „Du muasd a Stund wartn. Dann is Hochwossa. Mogst derweil a Weizn?“. Ja Landsleute überall. Ich erfahre noch das ich nicht der erste bin der hier festsitzt und sich die nette Dame immer über Gesellschaft freut. Ich will gerade rüber, als die nächste Riesenyacht um die Ecke biegt und mir anbietet mich rauszuziehen. Das wird dankend angenommen. Ich mach eine lange Leine klar und paddle sie rüber. Und ja es klappt, wir sind frei. Noch zwei Kurven und wir machen an der Marina Stella fest. Ein freundlicher Mitarbeiter fragt „Rauskranen“. Ich: „Ja, ja, aber ich muss erst mal ins Büro“. Außerdem muss ich ja genaue Anweisungen geben wo die Gurte hinkommen. Hab das extra recherchiert. Die Hände sind schon etwas feucht bei dem Gedanken, das Gleda aus dem Wasser schwebt. Ich erledig die Formalitäten und mach mich zurück zur Gleda… und bekomme fast einen Herzinfarkt. Sie schwebt schon über dem Wasser. Ganz ohne meine professionelle Anleitung. Oh Gott. 5 Minuten später liegt sie auf Böcken an ihrem Platz. Ein Könner am Werk. Hier werden wir mindesten ein Jahr bleiben, umringt von lauter netten Nachbarn. Ja! Geschafft. 2733nm von Cartagena.

Schluck

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Los… Die große Überfahrt – Teil 1

Es gab verschieden Optionen um nach Lignano zu kommen. Variante 1 von Andrea: „Warum fahren wir nicht einfach nonstop und direkt?“ und Variante 2 vom alten Salzbuckel mit mehrtägiger Segelerfahrung – in kleinen Happen möglichst am Ufer lang. Ich bilde mir diesbezüglich auch ein bei unseren Gesprächen über den Törn irgendwann mal erwähnt zu haben, dass ich noch nie über Nacht gefahren bin. Kann mich aber täuschen.


Der Plan
Die Reise

Der erste Schlag sollte planmäßig entlang der Küste bis Höhe Ibiza und dann nach Osten rüber gehen. Den ganzen Juli hab ich also den Wind auf windy.com beobachtet. Hab sogar schon von den pulsierenden Windpfeilen geträumt. Und bin immer nervöser geworden. Die Vorhersage hat nämlich immer gleich ausgesehen: so…

Katamarane und Wharrams im besonderen haben es nicht so mit gegenanknüppeln. Da bleibt man lieber gleich in der Koje. Es musste eine Windänderung her. Kurz vor Andreas Ankunft dann endlich ein Hoffnungsschimmer. Zwei bis drei Tage mit leicht südlichen Winden. Danach wieder Sturm aus NordOst 14 Tage raus. Während wir vom Flughafen zur Marina fahren erklär ich Andrea die Situation: Entweder jetzt oder gar nicht.
Crew: „Kann ich noch einen Kaffe haben?“
Skipper: „Nein“
Crew: „Biesln gehen?“
Skipper: „Nein“
Als Kapitän muss man ein knallharter Knochen sein, hab ich aus den Hornblower Romanen gelernt.

Also Seesack an Bord geschmissen, Frau hinterher und abgelegt. Nach Ibiza sind es ca. 150 Seemeilen. Bei 5 Knoten Fahrt also ca 30 Stunden . Wir tuckern erst unter Motor (Juhu sie laufen) und dann unter Segel mit ganz leichten Winden nach Norden. Das Meer ist ruhig, die Sonne senkt sich langsam hinter den Horizont. Die ersten Sterne erscheinen wo der Himmel von rot zu blau übergeht. Andrea schaut rauf und dreht sich dann zu mir: „Schon unheimlich. Jetzt wird’s dunkel. Und man sieht überhaupt kein Land mehr. Ein bisschen mulmig so in die Nacht zu segeln. Gut das Du das schon gemacht hast, das beruhigt mich“. Ich muss Sie etwas verdutzt angesehen haben. „Hast Du doch oder?“ fragt sie nervös nach. Als Skipper muss man der Fels in der Brandung sein und Zuversicht geben. Ich nehm sie in den Arm: „Ganz ruhig. Hab mal was drüber gelesen“.

Nachtfahrten sind was magisches. Wir haben sie von Anfang an geliebt. Über einem die Sterne, vor einem die See mit den Reflektionen des Mondes. Manchmal ein fernes Wetterleuchten. Die Navigationslichter anderer Schiffe am Horizont.

Nachtfahrt und kein Land weit und breit.

Wenn es recht voll ist wie in der Adria mit Bohrinseln, Fischfarmen und Fischerbooten wäre ein Radar nicht schlecht. Vor der Abfahrt hab ich noch einen AIS Transponder/Receiver eingebaut. Der gibt zumindest einen Überblick über alle Schiffe die auch so ein Gerät haben (Berufsschiffahrt und viele Yachten) und wir sind für die schnellen Fähren gut sichtbar. Schnellfähren mir 20+ Knoten sind ab Sichtung am Horizont in unter 10 Minuten querab.

Wir sind also friedlich durch unsere erste Nacht geglitten, haben ab und zu ein paar Kreise gedreht als der einschlafende Wind gedreht hat oder sind unter Motor in Richtung des nächsten Windfeldes getuckert. Ich kann schlafen wie ein Toter wenn es leicht schaukelt, die Wellen am Rumpf gluckern und Andrea oben mit dem Füßen am Steuerrad Wache schiebt.

Ursprünglich wollten wir uns die Balearen schon ein wenig ansehen, aber jedes gemütliche Verweilen hätte die Chance weiter nach Menorca im Norden zu kommen um den Sprung mit dem Mistral nach Sardinien zu schaffen wochenlang in die Ferne geschoben. Das Wetterfenster war einfach zu eng und die Zeit zu knapp. Kurz vor Ibiza haben wir daher die Arschbacken zusammengekniffen und sind direkt weiter nach Mallorca. An dieser Stelle muss ich mal sagen das ich schwer begeistert war wie die Crew ihre erste Blauwasser und Nachtfahrt gemeistert hat. Sensationell, ein knallharter Haufen, keine Meuterei, nix. Nach insgesamt 3 Tagen und Nächten sind wir dann in Port d’Andratx eingelaufen, haben durchgeatmet, kurz Vorräte und Schlaf aufgefüllt und sind dann direkt nonstop weiter nach Menorca / Puerto de Fornells.

Für den 200sm Schlag nach Sardinien benötigt man am besten einen mäßigen Mistral. Sowohl Mistral, als auch der Transmontane können schnell mal mit Orkanstärke daherkommen. Das üben wir später. Jetzt erst mal gemäßigt bitte. Wir haben dafür den ersten Schluck eines alkoholfreien Bieres ins Meer gekippt und wurden trotzdem gehört. Wie bestellt kam der Mistral.

windy.com: Mistral. Grün ist gut, rot auch wenn man Adrenalinjunkie ist.

Und wir haben richtig Tempo gemacht. Selten unter 7 Knoten, oft über 12. Sonst gibt es auch nicht viel zu berichten. Die Sonne geht auf, sie geht unter, Schlafen, Essen, Segel anpassen. Ein schönes Leben. Man segelt, Land kommt in Sicht, man schmeißt den Anker. Herrlich.

Unser erster Ankerplatz ist die Bucht Porto Pino. Ein Traum, wie die gesamte Südküste von Sardinien. Wie aus vergangener Zeit. Keine fetten Hotels, bunte Sonnenschirme unordentlich verteilt. Statt Supermärkte gibt es Tante Emma Läden und alte Männer die im Schatten großer Platanen sitzen und diskutieren. Genauso toll die nächste Bucht, Porto Zafferano. Ein Nato-Übungsgebiet und damit tabu. Im Juli, August sind Yachten irgendwie geduldet. An den Strand soll man nicht wegen der ganzen Blindgänger (wir sind auch umgedreht, nachdem wir die Bilder mit den Totenköpfen gesehen haben).

Porto Zafferano

Der Absprung nach Sizilien ist die Bucht Campulongu bei Villasimius. Direkt hinter der Bucht gibt es eine Kolonie wilder Flamingos. Wir machen uns mittler Weise keinen großen Kopp mehr wegen ein paar hundert Seemeilen. Der Wind soll gut sein, also beschließen wir sofort bis zu den Liparischen Inseln im Osten von Sizilien zu segeln anstatt im Westen anzulanden.Unser längster Abschnitt, gute drei Tage auf See. Man merkt jetzt schon das das hier kein reiner Urlaubstörn ist, wir geben richtig Gas solange der Wind steht und es keine Corona Probleme gibt.

Leider werden uns mit dem richtigen Wind auch ein paar Gewitterzellen auf den Weg gegeben. Hier dazu der Hinweis das so ein schweres Gewitter auf See deutlich beindruckender und gewaltiger aussieht als auf der Wetterapp. Man sieht es bei Nacht schon von weitem. Ein riesiger aus Blitzen durchzuckter Turm – der auf einen zuhält. Wie es darunter aussieht wollen wir nicht wissen. Ich hab mir als Skipper sofort 10 Minuspunkte eingetragen. Merke: Bei Gewittergefahr nicht lossegeln. Wir ändern mehrfach den Kurs und mit mehr Glück als Verstand geht das Inferno vor uns durch. Ich schicke Andrea wieder in die Koje: „Ich hab’s ja gleich gewusst, wie geplant“.

Fast 4 Tage und 300 Seemeilen dauert das italienische Inselhopping. Ein Bussard(?) begleitet uns ein Stück des Wegs. Im Morgengrauen laufen wir Lipari an und sehen dicke Rauchschwaden am Horizont aus dem Ätna steigen. Später am 18. Februar 2021 wird es einen dramatischen Ausbruch geben, den haben wir leider verpasst. Wir bleiben mal wieder nur eine Nacht, da -man ahnt es- der Wind günstig steht für die Straße von Mesina.

Von Lipari schlängeln wir uns zwischen den vielen Fähren, die vom Festland nach Sizilien pendeln, durch die Straße von Messina und biegen scharf links an der Schuhsohle nach Kalabrien ab. Eine sehr schöne Küste. Einmal wollen wir auf einem Campingplatz „SchwarzWarmDuschen“, zwei tote Ratten in den Kabinen entsprechen aber nicht unseren Schnorrerstandards, also müffeln wir weiter vor uns hin. Neee, natürlich duschen wir kalt, wir haben ja ne ganz tolle Campingdusche. Wasser rein, pumpen und los gehts. Reiner Luxus.

Kalabrien

Wir stehen vor der Entscheidung wie es weitergehen soll. Die Windvorhersage für die Adria ist denkbar schlecht. Mindestens 10 Tage weht der Wind aus der Adria raus, verstärkt durch die Düse in der Straße von Otranto. Es ist klar: Wir schaffen es nicht einmal zur Ferse des Stiefels. Der einzige Kurs der irgendwie möglich ist, wäre Korfu auf der anderen Seite der Meerenge. Für Andrea ein blöde Situation, da sie irgendwann heim muss. Der Hund, der Laden, das Kind mit zwei gebrochenen Armen (ja Connor wir wissen du hast uns nicht gebraucht :)). Da wäre Korfu auch passend. Super Flugverbindung nach Wien.

Also Kurs Korfu. Immer hart am Wind damit wir nicht an der Südspitze vorbeigedrückt werden. Wir wollen nach Petriti und dann zum Flughafen nach Korfu Stadt. Da die Leserschaft diese Blogs sehr überschaubar bei 2 bis 10 Leuten liegt, kann ich hier bedenkenlos den Geheimtipp für das mit Abstand beste Restaurant der Reise abgeben. Das Limnopoula in der Bucht von Petriti. Ist sehr bekannt: „Kenn ich auch…erzähls nicht weiter“. Man bekommt nur einen Platz mit Reservierung am Vortag. Keine Touristen, nur Einheimische als wir da sind.

Die Bucht in Korfu Stadt ist genial für Fluganbindungen. Der Flughafentransfer sieht so aus: Frau und Koffer aufs SUP (Stand up paddle board), zum Uffer paddeln und 10 Minuten zu Fuss zum Terminal gehen. Der Abschied fällt mir nicht leicht. Andreas Glaube in meine Skipperfähigkeiten scheint aber ins unermessliche gestiegen zu sein („Du machst das schon alleine. Hör auf zu zittern“) Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass sie vor der Reise einen Profiskipper engagieren wollte („Wer soll sonst für die sichere Überfahrt sorgen? Du??“). Ab jetzt bin ich das -der Soloprofiskipper.

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Auf die Plätze fertig…

Gleda lag also in Cartagena. Wir waren ja ein paar mal da um zu sehen ob Gleda nicht ohne uns vor sich hingammelt (nur ein bisschen). Und ich muss sagen, Cartagena ist wirklich schön. Die Altstadt toll und unvergesslich die Semana Santa mit den ganzen Kapuzenprozessionen. Sehr mystisch. Aber Gleda musste da weg. Aus dem Wasser raus, damit ich alles zerlegen kann. Damit ich meinem Fäulniskontrollzwang nachgehen kann.

Gleda fest verwurzelt in Ihrer Box im Yacht Port Cartagena

Unser Ziel war die Marina Stella bei Lignano. Von vielen (danke Werner) empfohlen, günstig und voll von Wharram Kumpeln die mehr, weniger oder gar nicht mehr geliebt werden. Vor allem, Schwups, in 5 Stunden von Wien aus erreichbar. Um dahinzukommen muss man halt fast das gesamte Mittelmeer durchqueren. Gleda war eigentlich so weit seetüchtig. Die Pinnenstange aus Esche hab ich durch ein Carbonrohr ersetzen müssen. Esche kann man beim gammeln, meist ausgehend von Bohrlöchern fast zusehen. Das restliche Eschenholz (Gaffeln, Pinnen) schien aber unter der Farbe OK zu sein.

Die Dramaqueens waren eindeutig die Motoren. Alter, solche Zicken. Wann sie ansprangen, oder besser einfach spontan ausgingen war nach Tagesform abhängig. Ich hab beide fast komplett zerlegt, gestreichelt, zugeredet. Die Vergaser ins Ultraschallbad eingeladen. Und dann liefen sie auch wieder. Dachte ich. Just in dem Moment wo es draufankommt, z.B beim Probetörn im Strömungskanal unter einer Hubbrücke -Aus. Selbst das sanfteste Gemüt möchte den Motor dann einfach ins nasse Grab schicken. Zum Glück hat uns der Wind sanft an eine Kaimauer direkt vor eine Bar gedrückt. Der Barman hat gleich ein Bierchen für die Nerven gezapft als er uns antreiben sah. Ich hab’s wieder und wieder versucht. Sogar einen Mechaniker bemüht. Nix zu machen. Das waren Tohatsu 9.8 Aussenborder, eigentlich gute Dinger, aber zu viele Jahre unbenutzt gewesen.

Im Mar Menor. Eine Kaimauer genau da wo man sie braucht…

Um als Segelanfänger (wir haben vielleicht in der Summe 3 Monate gechartert) durchs Mittelmeer zu fahren wären zuverlässige Motoren aber ned so schlecht. Das Mittelmeer ist nicht ohne. Entweder zu viel oder gar kein Wind und wenn zu viel dann von vorne sagt man (so schlimm wars dann nicht). Hilft also nix. Neue Quirls müssen her.

Von den Leistungswerten geht nix über die Yamaha 9.9 Schubmotoren. Ausgestattet mit einem Riesen 12 Zollpropeller und der passenden Übersetzung. Genau das richtige für Boote wie die Gleda. Das Problem: Haben nen Vergaser. Von Vergaserträumen bin ich schweißgebadet aufgewacht. Einspritzer von Suzuki haben einen guten Ruf. Wenn die Einspritzeinheit hin ist, kann ich es zwar nicht selber richten, aber meine Vespa ist in 13 Jahren niemals nicht angesprungen. Sogar bei -18 Grad und mit dem ganzen Ethanolzeugs im Benzin und die ist auch noch ne Italienerin und kein Japaner.

Timing war dann alles. Die Überführung nach Italien sollte so 6 Wochen dauern. Der erste Nachlockdownflug nach Cartagena war am 1. Juli. Andrea wollte am 15.Juli zum Ablegen nachkommen. Zwischendrin musste alles am Schiff geprüft, nachgezogen und wo nötig ausgewechselt werden. Ja und natürlich neue Motoren verbauen. Fast unglaublich, das da alles gepasst hat. Spedition hat pünktlich geliefert und auch noch die richtigen Teile (Fernbedienung, Seilzüge, Schubpropeller etc.). Noch unglaublicher, das ich es geschafft habe alles zu verbauen ohne Einzelteile im Hafenbecken zu versenken. Als beide dann auf die erste Millisekunde nach dem Drehen des Schlüssels angesprungen sind, war das ein bisschen wie Sex.

Links die Bitches, rechts Chuck Norris 1. 2 ist noch in der Kiste.

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Hallo Gleda

Ich glaube Gleda wollte zu uns kommen. Seit mich der Segelvirus bei einem Törn mit Freunden gepackt hat, habe ich immer mal nach Booten gesucht. War so eine Schreibtischidee. Wir kaufen uns ein Boot und segeln um die Welt. Ganz mutig hab ich die Idee Andrea erzählt. Die spontane Antwort: „Ja cool, bin dabei“.

Wharram Katamarane fand ich sofort genial. Günstig, simpel, Hippie und einfach schön (denken wir). Genau das richtige für alte Camper. Die Boote gibt’s aber nicht von der Stange. Entweder man baut selber oder kauft gebraucht. 2012 haben wir einfach mal testhalber als Familienprojekt eine kleine Wharram Hitia 17 gebaut. Fazit: Ist mehr Arbeit als man denkt.

Wharram Hitia 17
Wharram Hitia 17, der „Dude“. Ganz selber gemacht.

Jahrelang bauen fiel aus. Wir wollten ja Segeln. Das beste ist sicher gebraucht kaufen und dann so umbauen wie man es gerne hätte. Gebrauchte sind aber rar, obwohl die Weltmeere voll sind mit Wharrams. Das Boot soll ja ordentlich gemacht sein und sich auch noch irgendwo in Europa befinden.

Gleda kannte ich schon sehr gut. Neil hat fast täglich seine Baufortschritte gebloggt. Ab und zu hab ich das kommentiert. Einmal wohl auch nach dem Motto: Solltest Du je verkaufen ruf an. 2014 sind Neil und seine Freundin Gail dann in See gestochen mit Kurs Mittelmeer (alles im dritten Buch von Neil nachzulesen). Über Portugal, Gibraltar mit Endstation Cartagena. Dort lag Gleda dann als eine Art Hausboot für drei Jahre. Sie war so lange da, dass sie auf einem Panoramafoto auf der Hafenmauer von Cartagena zu sehen ist. Den beiden hats dort halt gefallen. Tja, bis sich bei Neil persönlich 2018 alles überschlagen hat und er gezwungen war das Boot, das er jahrelang selber gebaut hat verkaufen zu müssen. Und er rief an.

Damit rechnet man nicht, man hat ja nen Job und kann doch nicht einfach ein Boot kaufen. Das verpflichtet dann ja auch loszusegeln. Man muss sich drum kümmern, in Cartagena. Ein paar Jahre wollte ich schon noch hackln. Andererseits…die Gelegenheit kommt vielleicht nicht wieder und vielleicht sitz ich sonst noch mit 60 vor meinen Monitoren und schreibe Handelsalgos anstatt in Polynesien unter ner Kokosplame zu sitzen. Also hab ich tief Luft geholt, Neil angerufen und Gleda gekauft, Firma angerufen und um Vertragsauflösung in einem Jahr gebeten. Solange musste Gleda in Cartagena noch warten, aber wir haben sie oft besucht, damit sie nicht einsam ist.

erstes Probesegeln in Cartagena

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