Zum Inhalt springen

Schlagwort: Esel

Ich bin kein Tourist

Der Zahn ist raus! Nach Wochen mit Zahn und Hautschmerzen im Gesicht meint meine Frau „Jetzt wackelt er auch noch, ich glaub jetzt muß ich…“. Endlich darf ich einen Zahnarzttermin machen und wähle diese einfühlenden Jungen Männer…

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Wahnsinn wie lange Andrea mit dem faulen Teil durchgehalten hat, aber jetzt ist alles gut. Glück im Unglück, es war der hinterste -braucht man nicht- und die ärztliche Versorung ist sensationell auf Antigua. Auch sonst gibt’s kaum (dazu später) was zu meckern. Alles sehr freundlich und british und ned ganz billig, aber überall guter Kaffee (Yeah!). The rich and famous halt. English harbour kann man jetzta auch kaum von der Cote d’Azur unterscheiden. Ankern ist umsonst, aber Essen gehen haut schon rein. Auch Ersatzteile gibts hier en masse gegen ein geringes Entgelt. Ein Solarpanel hat hingeschmissen, ein Steuerkabel der Ankerwinsch ist durch korrodiert und ich hau endlich richtig rutschfesten Belag auf die Laufflächen neben dem Pod. War arschgefährlich wenn Wellen drüber sind und man da müde und hastig bei Nacht drüber wollte.

English Harbour ist auch das touristische Highlight der Insel. Die Kreuzfahrtschiffler werden hierher gekarrt um sich die schön renovierten Gebäude in Nelsons Dockyard anzusehen. Da hab ich jetzt ABSICHTLICH keine Fotos. Hallo! ich bin ja kein Tourist, oder? Wir sind vollständig assimiliert. Der Beweis wird in den düsteren Nebenstraßen der Hauptstadt St. John erbracht. Ein alter Rastafari spricht uns an: „Bossman, you have some weed?“. Ich: „No thanks I dont want to buy weed“. Er: „No,no, bossman I want to buy weed from you!“. Ich muss ihm klarmachen das wir nix zu verkaufen haben. Er findet das lustig, weil: „You look like a local grower, huahahaha“. Wir sehen mittlerweise wohl so abgerissen und/oder so gechillt aus, das wir als Einhimische Drogenverkäufer durchgehen. So soll das sein. Voll integriert. Der stilvolle Gentleman auf dem Bild unten ist anscheinend trotz goldenem Marijuanablatt um den Hals wohl kein Verkäufer. Die sehen eher aus wie wir.

Auch ein Zufall. In Martinique hat uns ein Brite erzählt, das ein Freund von ihm gerade für Krebshilfe über den Atlantik rudert. Es gibt Einer, Zweier und Vierer. Der Freund rudert im Zweier. Immer zwei Stunden Schlaf und zwei Stunden Rudern und das 40 Tage lang. Na Servas. Es gibt noch Männer (und Frauen! EIn ganz junges Mädchen war auch dabei im Einer). Also für mich wär das eher nix. Ich finde so lange Strecken Segeln schon a bissi anstrengend. Also der Zufall: Ich steh in Nelsons Dockyard und da ist großes Hallo, weil eins der zweier Team gerade einläuft. Es sind die Briten, 38 Tage! Gibts doch nicht, oder? Beide Herren 11kg leichter aber glücklich.

Ach ja… Für die Touristen in English Harbour gehts weiter mit dem Bus zum Aussichtspunkt Shirley Heights. Der pure Stress wie mir oben einer berichtet. Sie hätten nur 5 Minuten und dann müssen sie noch ne halbe Stunde an den Strand und dann zurück zum Cocktail nach St. John. Pfuhhh.

War eh lustig auf dem Aussichtspunkt. Wir sind zu Fuß rauf. Erst hat uns Eminem (88 Jahre und das ist sein Name- Schwört er) in seinem Boot über die Bucht geschippert. Er macht das seit 55 Jahren. Alles ganz langsam und in Zeitlupe.

Eminem

Dann bergan. Die Natur ist hier fast wie am Mittelmeer und wenn man oben am Gipfel aus dem Dickkicht bricht ist es wie auf dem Oktoberfest. Da warten die Kreuzfahrer schon bei Bier und Pommes. Und da hab ich jetzt LEIDER kein Foto. Wie konnte mir das passieren? Aber zum Glück waren es wieder einmal Deutsche von der Aida, sonst hätte ich die folgende Unterhaltung nicht verstanden. Eine eher vollrunde Frau platziert sich auf dem Mäuerchen am Aussichtsplatz und schreit nach ihrem sehr schmächtigen Mann:

„Los, mach mal ein Foto“. Er zieht das Handy raus und dann folgender Monolog: „Mit Hintergrund, das hast du das letzte mal falsch gemacht…Neee! nicht Hochkant, sondern quer“. Sie dreht die Augen gen Himmel. „Und weiter weg, sonst ist ja wieder kein Hintergrund drauf, wie beim letzten mal“. Er macht das Foto. „Zeig mal…Oh Mann du hast zu hoch gehalten. Das gibts doch nicht. Mach noch mal“. Er wieder in Position. Klick. „Zeig!…Jetzt schau mal wie dick ich da ausseh! Du bist echt zu nix zu gebrauchen. Lass sein du kannst das nicht, ich frag mal den Tourguide. Bestell mir mal ne Pommes, aber kein Bier mehr für dich“.

Die Hölle auf Erden. Ich hoffe der arme Mann bekommt einen Ausgleich als Mönch, Eremit, oder Scheich mit Harem in einem andern Leben (gibt es hat Alex weiter unten mir versichert). Er hat es verdient. Da wär jetzt ein Foto zu schön…blöd. Ich war so fassungslos von dem Monolog und damit beschäftigt Abstand zu halten von den Virenschleudern. Eine Erkältung langt…

So mal ein paar Bilder von den Wanderungen fürs Archiv:

Als kleine Auflockerung so eine Art Rorschachtest. An was denkt ihr bei dem letzten Bild…?

Genau! Iced Caffee Latte mit Strohhalm, was sonst. Nur meine Frau wieder. Will gar nicht wiedergeben an was die denkt. Total pubertär, vor allem in ihrem Alter. Zum Beweis, die Ähnlichkeit is frappierend. Aber sie kennt mich ja. Immer nur Caffee im Kopf.

Das mittlere Bild ist vom Hermitage Beach. Super Ankerbucht mit Schildkröten, im Hintergrund verschwommen die Gleda. Da steht das Hermitage Resort. Fünf Sterne All Inclusive. Ich hab das mal auf Booking.com angesehen und tatsächlich für 25.000 Euro die Woche wäre für zwei Personen in drei Monaten noch was frei. Sonst ausgebucht. Ich denk drüber nach…Die spinnen die Römer. Der F&B Mann mag uns und wir dürfen an der Bar für 8 Euro nen Caffe trinken. Der erste geht aufs Haus, weil sie können Leute von ausserhalb ned gescheit abrechnen. All inclusive. Das hat natürlich zur Folge das die Gäste hier fressen und saufen als ob es kein Morgen gibt. Um 9:00 in der Früh sitzen die beim ersten Cocktail mit Filetsteak. Ob das gesund ist? Als libertärer Kapitalist muß sogar ich sagen, das zu viel Geld manchmal zu seltsamen Leuten führt. Die ganze Gesellschaft hier ist ein bischen wie in der Serie „The white Lotus“.

Um die Ecke am öffentlichen Teil des Strandes sitzt Alex. Er ist in der Band vom Hotel und macht Pause. Total zugekifft. Wie der noch spielt weiß ich nicht, aber das ist ja hier nötig zur Religionsausübung. Als er mich sieht fängt er fast das heulen an. Er kennt mich! Aus einem früheren Leben! Yessas! Ich muß mich dazusetzen und ihn beruhigen. Er ist sich nämlich nicht sicher, ob er im früheren Leben was schlechtes gemacht hat. Ich sage ihm, das er eine gute Seele ist. Ob ich mir sicher bin? Ja logisch, ich war ja dabei! Da lächelt er wieder. Ufff. Als Glücksbringer schenkt er uns zwei Anhänger. Johnny und Gwen, die baumeln jetzt im Cockpit und passen auf.

A propos Religionsausübung. Wir wollen unbedingt die Eselsrettungsstation besuchen. Esel sind was tolles. Nur Google maps kannste hier wie an so manchen entfernten Orten vergessen. Wir kommen erstmal auf einem Feldweg irgendwo im Nirgendwo raus. Und da steht diese Rastakirche,tempel? Wir wollen natürlich mal reinluren wenn wir schon da sind, haben aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Gar nicht mal so gechillt werden wir von einem Rasta(priester??) aufgefordert das Gelände sofort zu verlassen. Wir sind irgendwie unrein und vor allem!!… „We have a strict dresscode here“. Ja wie? Bunte Mütze und Rastas? Ich bin ein bischen geschockt über so viel Intoleranz. Sonst waren die Kameraden immer der Inbegriff von Freundlichkeit. Aber wir sind natürlich ohne murren weiter.

Die Esel sind auch echt schwer zu erreichen. Straße kann man das nicht nennen. Einmal sitzen wir voll auf und ich knie mich runter um zu sehen ob ich den Mietwagen put gemacht hab. Zum Glück nein, aber ich knie im fiesesten Ameisenhaufen ever. ca. 40 Minuten Schmerzen vom Feinsten. Die Ameisen hier haben auf jeden Fall eine andere Qualität als in Deutschland. Noch Tage später werfen meine Beine eitrige Blasen an den Bißstellen. Hab mich von den Eseln trösten lassen. Andrea hat auch gleich einen adoptiert. Irgendwann brauchen wir auch so Tiere…

Jetzt samma in Guadeloupe und warten auf Ben und Livia. Juhuu. Ach ja! Mensch, fast vergessen. Ein Erlebnis der anderen Art war das Ausklarieren in Jolly Harbour. Mir san ja immer super freundlich und ich hab immer alle Papiere pickobello beisammen, aber an der Dame von der Immigration hab ich mir nen Zahn ausgebissen. Die größte Zwiederwurzen zwischen Florida und Venezuela. Wir kommen um die Ecke und sie starrt mich mit tötlichem Blick an. Ich lächle „We would like to check out“. Sie starrt einfach weiter. Ich propiers noch mal „Can we check out with you, we want to leave Antigua“. Sie: „Where is your boat“. „At Hermitage beach“. Sie „NO“. Ich „Why not“. Sie „Read the law“. Oh Gott, das wird lustig. Ich bekomme nicht raus wo das Problem ist. Langsam werde ich auch ein bisschen sauer. Ich sag ihr das sie ihren Job machen soll, oder mich zum Vorgesetzten lassen soll. Nix zu machen. Nach 5 Minuten lässt sie sich herab, das man in Jolly Harbour und nicht 200m weiter in Hermitage Beach Ankern muß zum ausklarieren. What the fuck? Wir ziehen ab. Es hat keinen Sinn. Eine Nacht sinier ich ob wir einfach illegal abfahren, aber das kann irgendwann ein Problem sein. Also ankern wir um und ich trau mich am Sonntag noch mal in der Früh hin. Ich schaue ganz vorsichtig um die Ecke…und JA! Schichtwechsel. Alles kein Problem, keiner will wissen wo wir Ankern. Stempel in den Pass, danke, gute Fahrt. Die Dame muß sich in ihrem nächsten Leben auf jeden Fall Sorgen machen ob sie in einem früheren Leben schlechtes Karma gesammelt hat. Aber ich tröste sie dann nicht.

Einen Kommentar hinterlassen