Zum Inhalt springen

Schlagwort: Lenkung

Gute und schlechte Nachrichten

Drei Tage und 300sm dauert die Überfahrt von Grenada nach Bonaire. Wir haben erst 10 dann bis 18 Knoten Wind von hinten. Der Passat schiebt uns weiter gen Westen. Lange genug sind wir schon auf der Nord-Süd Achse die Antillen abgesegelt. Es geht weiter über die ABC Inseln nach Kolumbien. So jetza gute und schlechte Nachrichten. Zuerst, logo eine Gute. Andrea fängt gleich am ersten Tag einen riesigen Mahi, Mahi. Mein lieber Scholli. Lange hat sie warten müssen, dafür ist es wirklich ein kapitaler Bursche und zum ersten mal kommt das „Mega“ Fischmesser von Maxi und Arnd zum Einsatz. Danke dafür, so macht das Schlachten Spaß.

Jetzt die schlechte Nachricht, die eigentlich auch eine Gute ist. Eigentlich eine gemischte Nachricht. Ein paarmal gut und einmal schlecht würde ich im Nachhinein sagen. Schlechtes hat ja auch immer was Gutes und so, kommt auch immer auf die Sichtweise an, aber einmal schlecht auf jeden Fall. Wenn ich draus lernen kann wär das wieder gut. Ich versuchs. So, also folgendes hat sich zugetragen: ca. 20nm vor Bonaire haben wir auf einmal keine Lenkwirkung mehr am Ruder. Die Trommel über die das Lenkseil läuft hat die Verbindung zur Radachse verloren. Das ist erstmal gar nicht gut. Eher schlecht, weil nicht ganz trivial. Die Gleda schießt in den Wind. Ich sag zu Andrea „Erst mal Segel runter damit wir nicht noch umkippen mit dem Wind von der Seite“ Das war jetzt eher gaaanz schlecht (Damit ist die schlechteste Nachricht schon vorbei!, nicht das ich noch jemanden verstöre). Ich glaub natürlich nicht das wir umkippen können, war flappsig dahingesagt. So was schafft die Gleda nicht ohne 10m brechende Welle. Aber durchgefallen in der Kategorie Skipper des Jahres. Ich bin ja so doof…Andrea hat nämlich sofort Panik seit sie mal mit einer Jolle im Ammersee an Weihnachten gekentert ist (war damals aber die Schuld eines anderen Skipperpfuschers). Die schluckt sie in dem Moment noch ganz brav runter. Wir reißen die Segel runter und ich setz mich hinten an die Pinne und steuer die Gleda wieder vor den Wind, während sich Andrea wie ein Beduine einpackt. Das ist jetzt wieder gut. Die Gleda lässt sich prima von Hand an der Pinne lenken. Man sitzt halt voll unter der äquatorialen Strahlung des Planeten (Bayrischer Ausdruck für Sonne). Tapfer übernimmt meine Frau dann das Steuern, während ich das Werkzeug raushol.

Die Trommel ist mit einer 6mm Gewindestange an der Achse befestigt. Die Stange geht ganz  simpel mittig durch Trommel und Lenkstange. Und die hat es an der Achse abgeschert. Um da ranzukommen muss die ganze Lenkung ausgebaut werden. Schlecht aber auch wieder eine gute Nachricht. Ich habe exakt so ein Stück Gewindestange dabei, weil ich die Gummitrommel irgendwann mal gegen eine Holztrommel tauschen wollte die nicht so abfusselt und da hab ich mir gedacht ersetz doch auch gleich den Bolzen. Weils eine Gewindestange war waren 6mm halt einfach zu wenig, der effektive Durchmesser ist eher 4mm. Die Stange hat noch der Vorbesitzer eingebaut. Sie hat also ca. 10000 nm gehalten. Andrea sitzt also hinten in der Sonne und steuert. Das verlangt auch noch Kraft. Da hab ich schon wieder ein bisserl Stress, obwohl Andrea sagt das alles OK ist. Ich will sie da nicht ewig braten und schuften lassen. Ich komm ein bisserl so vor wie Captain Kirk und Scotty in einer Person.

Scotty: „Captain wir haben ein Problem. Der Warp-Antrieb ist ausgefallen“
Kirk:“ Wie lange brauchen Sie zur Reparatur?“
Scotty:“2 Wochen“
Kirk: „Ich gebe ihnen 5 Minuten“
Scotty: „OK ich seh was ich machen kann“
(Für die Generation Z. Das ist aus Raumschiff Enterprise 70er Jahre)

Also Lenkrad runter und raus mit der ganzen Lenkvorrichtung.  Ich dresch die abgeschorenen Stange aus der Achse raus (gut…hab extra noch eine lange Stange zum rausdrücken dabei) und die neue rein. Erst mal gut so weit. Schlecht… ich hab mir bei dem Gehudel nicht gemerkt wo die einzelnen Abstandsscheiben sind. Scheiß Hudelei. Und vom Hudeln kommen die Kinder hat mein alter Kollege Stefan immer gesagt. Klar erstmal hab ich die Lenkung mit dem falschen Versatz wieder eingebaut und musst sie fluchend wieder ausbauen (nicht gut…Skipper müssen immer Ruhe ausstrahlen). Immerhin habe ich das Lenkseil wieder richtig rum gewickelt. Wir lenken nach rechts und fahren auch nach rechts. Nach ca. 20 Minuten ist alles zumindest provisorisch behoben. Da hätte ich auch cooler bleiben können.  Mit provisorischer Lenkung und Skippergeschädigter Frau fahren wir 5 Stunden später in Bonaire an die Boje. Die einzige freie Boje liegt 50 m vor nem fetten Club wie in El Arenal. Uns wurscht.. wir pennen und bauen Stress ab. Am nächsten Tag in der Früh dann ein ganz klares Zeichen, dass hier alles unter einem guten Stern steht: Das Wasser ist türkis und spiegelglatt, dann fängt es auf einmal an zu kochen. Tausende kleine Fische wuzeln durcheinander und dann springt ein riesiger Thunfisch aus dem Wasser. Keine 10m von uns weg. Sensationell.

In Bonaire hab ich dann Nägel mit Köpfen gemacht. Die alte Lenktrommel (so ein Gummiradl, das immer gefusselt hat) ist jetzt durch eine Holztrommel ersetzt. Mit einer 8mm Schloßschraube aus A4 Stahl vom Budget Marine und einem 6mm Bolzen aus A2 aus dem örtlichen Baumarkt.  Damit auch wirklich alles passt hab ich mich mit ChatGPT beraten. Schon geilo wie hifreich das sein kann. Ich hab ihm die Situation geschildert: Tiki 38, 6mm Polyesterseillenkung auf 13cm Durchmesser Holztrommel mit 6 Windungen auf zölliger A4 Achse und neuer 8mm Bohrung statt 6mm vorher. Gelenkt per Hand oder CPT Radpilot. Da hat er rumgerechnet und dann ganz detailiert gesagt: Ja! Das geht. Mehr wie 30kg Torsionslast bringen wir nicht auf. Restwandstärke mit der größeren Bohrung passt da. Torsions und Biegebelastung im grünen Bereich. Aber ganz wichtig!: Ich muß die Bohrlöcher sauber entgraten. Sonst gibt’s Haarrisse und das ist gaaanz schlecht. Also in den Baumarkt HSS Senkbohrer gekauft (CHatGPT hab ich die Modelle mit der Kamera gezeigt und er hat eins davon als perfekt ausgesucht). Dann hab ich meinem Helfer noch vorgeschlagen MS Polymerkleber zwischen Achse und Trommel zu geben und da lobt er mich gleich (wohl weil er ein schlechtes Gewissen hat, weil er hät ja auch selber draufkommen können). Das findet er eine echte Hirnidee, weil weniger Spiel und Schlupf und zusätzliche Kraftaufnahme. Mein Helferlein und ich sind sicher: Das funzt jetzt. Ich pass aber auch immer gut auf das der ChatGPT keine Fehler macht. Manchmal iegt er voll daneben. Bei einer Frage zu Einreiseformalitäten hat er mal ganz falsch gegoogelt. Ich hab mir dann die Webseite angesehen die er als Referenz gefunden hat und die war wirklich konfus, also nicht leicht zu checken. Ich hab ihm gesagt das er falsch liegt und die Seite noch mal lesen soll und da hat er dann den Mumm gehabt zu sagen „Ja sorry, da lag ich ganz falsch“ Ich glaub er ist manchmal einfach erst mal denkfaul.

Ist also fast alles gut gegangen. Bis das ich echt nicht gecheckt habe wie es Andrea geht. Die Arme hat jetzt leichte Panik vor dem weiteren Segeln, ich hab echt ein ganz schlechtes Gewissen. Ich schätze wir müssen uns ganz langsam wieder rantasten. Und da kommt jetza wieder eine gemischte, also eine gute und eine gleichzeitig schlechte Nachricht. Demnächst auf dem Kreuzfahrtprogramm: Aruba-Santa Marta Kolumbien. So Ende August ca. 400sm die es in sich haben. Laut Internet weit oben unter den 100 gefährlichsten Segelstrecken der Welt. Ich komm auf die ganzen Gefahren in einem späteren Blog zurück (Teaser). Aber natürlich ist das eine gute Nachricht, weil die Lenkung hätte uns auch da am Sturmkap bei Nacht brechen können. Und natürlich ist das eine schlechte Nachricht, weil das keine gute Route ist wenn man gerade versucht seine Ängste zu besiegen. Aber mal keine Panik: Wir sind ganz guter Dinge. Wir fahren da später natürlich nur los wenn der Wetterbericht total wenig Wind vorhersagt (Je mehr Richtung September, desto weniger Wind). Wird schon. So fertig mit dem Blogeintrag, ob das eine gute oder schlechte Nachricht ist darf der Leser selber entscheiden.

Einen Kommentar hinterlassen