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Schlagwort: Tobago

Besuch und Vorurteile

Good ol‘ Country Musik dringt gerade über die Bucht von Laborie an mein Ohr. Ist für mich eine echte Entspannung. Normalerweise wird hier sonst nämlich Gangsta-Ragga auf voller Lautstärke für die schon jung Hörgeschädigten verordnet. Ein Fischer trägt Cowboyhut und nimmt zu Dolly Parton einen Thunfisch aus. Leider zu weit weg fürs Foto. Ein herrliches Bild wie oben das Blut spritzt und unten die Füße Linedance üben.

Wir sind noch in St. Lucia. Anouk haben wir gestern wieder in den Flieger gesetzt. Und da sitzt sie immer noch und morgen auch noch. Ich glaub der Flug zu ihrem Freund dauert 36 Stunden. Ahhh l’amour. Wir fanden es wunderschön. Anouk wohl auch, aber sie ist jetza schon froh, das das Bett bald nicht mehr wackelt, keine Seile knarren, nix feucht ist, es eine Klimaanlage gibt und eine richtige Dusche und einen richtigen Schrank für Klamotten. „Leute… ich lieb euch, aber das wär nichts für mich“. Die Jugend kann einfach nix mehr ab. Prinzeschen, LOL. Wir lieben Dich auch. Wir essen Sushi, flippen beim Backgammon aus (Anouk, wir nicht) und gehen wandern and der Hotspotleine. Hotspotleine ist praktisch. Du gibst deinem Kind keine SIM sondern nur Hotspot. Wenn es dann hinter dir hertrödelt, weil es mit dem Freund chattet, dann musst du gar nix machen. Von fern hörst du es angerannt kommen „Papa langsam ich hab kein Hotspot mehr“….

Wegen der Fluganbindung von Anouk sind wir dann auch von Tobago weiter nach St. Lucia. Tatsächlich ist es wie immer so… Je länger du bleibst, desto netter wird es. Das war in Charlotteville so und jetzt auch in Laborie. Nach einer Woche grüsst dich jeder. Andrea hatte ihre teuere Sonnenbrille irgendwo angebaut und jeder im Ort hilft zwei Tage suchen bis sie wieder gefunden war (auf der Straße, wo es sie im Matsch geschmissen hat).

Doubles King

Wir verlassen Tobago rein amtstechnisch suboptimal. Alle zwei Wochen macht ein Kreuzfahrtschiff fest. Die ganze Stadt putzt sich raus. Unsere nette Customsbeamtin hat eine schneeweiße Kapitänsuniform mit goldenen Epauletten an und bittet uns erst mal zur Immigration zu gehen weil sie das Kreuzfahrtschiff abarbeiten muss. Immigration ist zwei Zimmer weiter. Im Büro hat es 35 Grad bei 100% Luftfeuchtigkeit. Die Grenzerin legt uns die ersten zwei Formulare hin, das kennen wir schon. Andrea fitzelt das Kohlepapier dazwischen und füllt konzentriert aus. Auf einmal wird sie von der Beamtin angestupst. Sie hat wohl was gesagt und wir waren zu konzentriert. „Hey..I aksed you tomeding“. Das ist Original. Anstatt ask sagen die hier immer aks. Mann lernt dazu. „Why do you only fill two yellow forms. I need four“. Andrea blickt mich an. „Wir haben doch nur zwei bekommen?“. Also noch mal zwei. So langsam rinnt die Suppe die Arme hinab. Wie bitte soll man da ein Formular mit 2 Durschschlägen und Kohlepapier dazwischen ausfüllen wenn die Hände und überhaupt alles schweißgetränkt ist. Andrea wird auch gleich amtlich gerügt. „You made the documents wet! I cannot accept them. Tose were the last ones I have. You have to concentrate“. Das kommt sofort ziemlich gut an bei meiner Frau. Der Kopf ist eh schon knallrot und klatschnaß, die Haare kleben am Kopf, da hilft auch kein 3-Wetter Taft mehr. Und wer meine Frau kennt, der weiß – entspannter Umgang mit grimmigen, authoritären, Amtspersonen ist, wie soll ich es sagen, na ja eher ausbaufähig. Ich seh uns schon im Verhörraum und schmeiß mich dazwischen. „Setzt dich doch mal Schätzchen. Trink was. Dein Ritter wird den Drachen jetzt ganz alleine bekämpfen“. Und da muß ich sie jetzt voll loben. Sie zieht sich tatsächlich zurück.

Das Blöde: Zu mir ist die Grenzbeamtin jetzt auf einmal ausgesucht nett. Ich glaube fast sie flirtet. Ein Blick über die Schulter zu meiner Frau…ich sehe Mordgedanken hinter der klatschnassen Fassade. Das sieht gar nicht gut aus. Es muß sie übermenschliche Willenskraft kosten jetzt einfach nix zu sagen. Sie nimmt Andreas Pass und trägt den Geburtstag ein (war vor 2 Tagen). Dann nimmt sie meinen Pass und trägt meinen Geburtstag ein (vor 2 Monaten). „Ohhh it was recently your birthday. How nice. Congratulations. You look so young“. Oh Gott, oh Gott. Ich dreh mich kurz um. Andreas Hände krallen sich in den Sitz. Weiße Knöchel, hevortretende Kiefermuskeln. Bitte wieviele Formulare sind das noch? Das muss doch irgendwann eine Ende haben? Ich fülle gelbe, rosane und grüne Formulare aus. Am Ende schiebe ich alles mit einem Lächeln über den Tresen „That’s it?“. Sie dazu „I have to check if everythin is correct“. Damit meint sie nicht den Inhalt sondern die schiere Anzahl. Also wird alles aufgefächert und gezählt. 17 Stück. Das sind zwei gelbe zuwenig, aber die sind ja aus. Zum Glück unterlässt sie hier jede Schuldzuweisung. Deal done. Wir bekommen unsere Stempel. Yeah. Leider gibts davon kein Foto. Das hätte mich überfordert. Im Rest der Karibik hat sich das Rad der Zeit zum Glück weitergedreht. Ein und Ausklarieren geht meist Online. Der Grenzer in St. Lucia haut nur noch die Registrierungsnummer ins System, nuschelt irgenwas unverständliches auf Hindi-Patois-Englisch und stempelt die Pässe. Ufff.

Man macht sich ja vorher (normalerweise – hallo Anouk) ein bissi schlau, wenn man in ein Land fährt (z.B wo das Land überhaupt ist – hallo Anouk). Gerade was das Thema Sicherheit und Kriminalität angeht habe ich da schlimme DInge gelesen. Nach Trinidad und Tobago besser gar nicht fahren – weil alle zwei Tage ein Mord. Ja Pustekuchen, so werden Vorurteile gebacken. In Tobago haben wir uns 100% safe gefüllt. Jetzt St. Lucia… wir wollen erst mal zu den Pitons (zwei so Zuckerhütchen – Wahrzeichen, Pirates of the Carribean Drehort) in die Bucht von Soufrier. Auch da kann man schlimme DInge vernehmen. Nächtliche Besuche an Deck von machetenschwingenden Piraten und so. Mit Machete rennt hier übrigens jeder ständig rum, um Kokosnüsse zu köpfen oder einfach Abends den Hauseingang wieder freizumachen der seit in der früh zugewachsen ist. Ich bin trotz Tobago noch leicht zu manipulieren und baue einen Schalter in die Hauptkabine mit dem man das Deckslicht und eine Sirene einschalten kann.

Nice to have würde man da in Businessspeak in meinem ehemaligen Büro sagen. Aber brauchen werden wir das wohl nie. Erstens ist die Gleda mit ihrem Hippielook kein Sehnsuchtsziel für Diebe und zweitens passiert einfach nicht wirklich so viel. Das einzige Opfer von Piraterie ist bis jetzt meine alte O’Neil Badehose. Ca 25 Jahre alt. Ich bin auch so langsam rausgewachsen (dürres altes Männelein). Sie war an unserem Kajak an Land festgebunden. Das hat keiner wollen, aber die Badehose hatte wohl Flair. Sie hat so einen Inneneinsatz und der hat mit den Jahren schon etwas Sonnebräune angenommen. Mit waschen krieg ich die jahrelangen Ausdünstungen halt einfach nicht mehr weg. Hat nicht gerochen und so, daher hab ich sie behalten. Na ja, jetzt ergötzt sich jemand anders dran. Das die Kriminalität nicht höher ist wundert hier schon. Zwischen super super Luxusvillen und Leuten die im Abwasser auf der Straße sitzen liegen nur wenige Meter. Die Spange ist hier riesig. Kaffe gibts in Soufrier übrigens gar nicht, aber einen wirklich super Pizzaladenverschlag.

Nach Laborie wären wir gar ned gekommen, wenn wir nicht nah an den Flughafen gewollt hätten. Ausser uns ist da auch keine Sau. Die Bewertungen sind schlecht (Piraterie!!, Schwell, gefährliches Riff etc). Wie immer bei den hässlichen Entlein… einer der Besten Orte an denen wir waren. Super!!! Kaffee, der Erste in der Karibik, gute Straßenrestaurants die von fülligen resoluten Mamas geschmissen werden (Mama Rose, Mama Tilly…. geile Charaktere) und sonst auch alle Leute hinreißend.

Ach ja…. und frohe Weihnachten. Bitte verzeiht das Influencer Selfie

2 Kommentare

Schrumpelfüße und Furzexperimente

Achtung der Beitrag hat Inhalte die nicht für sanfte Gemüter geeignet sind. Aber es braucht halt schon etwas Salz in der Suppe, sonst könnte ich die Frage: „Wie war die Atlantiküberquerung“, ganz einfach mit „Ja mei, lang halt“ beantworten. Eine der Influencerinnen der Mission Unknown hat mir auch gesagt, dass man seinem Publikum schon mal sehr persönliche Dinge mitteilen (in diesem Fall eher „zumuten“) muss. Here you go…

Abgelegt sind wir eher ganz spontan, weil…. mir warn irgendwie fertig. Außerdem war der 11.11 und Andrea hatte ja schon den Fasching eingeläutet (sieh Bild) und da ham mir um 11 Uhr 11 (hallo Anouk) gesagt: „Atlantik Helau“ und ab dafür. Zack warn wir weg und froh nicht unsere Schuhe am Steg zurückgelassen zu haben, so schnell ging das. Überhaupt wenn man sich mal auf den Weg gemacht hat, dann gibt’s auf der Route kein zurück. Der Passat pfeift immer von Ost nach West und da ist die Karibik in 2100 Seemeilen (so 4000km) das einzige sinnvolle Ziel.

Ich schreib jetzt nicht nieder, was da genau jeden Tag war, weil oft war eher wenig. Und da musst Du dich erst mal dran gewöhnen. Andrea meint es ist a bissi wie Knast. Du kannst nicht raus und musst deine Zeit absitzen und deinen manchmal depperten Zellengenossen wirst Du auch nicht los (außer wenn man ins Wasser springt sagt meine Frau. Das wollte sie dann doch nicht). Ich würde sagen 1.5 Ehekrisen hatten wir auf der Reise. Keine Ahnung warum, ich weiß nur an mir lags nicht. Es macht die Sache nicht leichter, wenn man dann noch ständig müde ist. Mit dem Schlafen ist das so eine Sache. Eigentlich könnten wir schon viel pennen. Viel zum aufpassen ist da nicht. Tagelang kein AIS oder Radarkontakt, auf der ganzen Fahrt mal zwei andere Schiffe. Einer hat uns ganz fröhlich angefunkt als wir an ihm vorbeigeschossen sind. Und das war ein Problem mit dem Schlafen, wir waren oft einfach sehr schnell und wollten die Gleda auch nicht bremsen. Und hohe Geschwindigkeit ist Stress. 90% der Zeit sind wir unter Spinnaker gesegelt. Bei 18-20 Knoten Wind macht die Gleda da über 8 Knoten Schnitt und im Surf die Welle runter auch mal 18 Knoten. Das sind irre Geräusche und ein Schütteln und Lärm wenn man in der Koje liegt. Da ist man irgendwie immer in Habacht. Zweimal hat sich z.B. der Spinnaker komplett eingedreht als uns eine große Welle den Arsch seitlich verschoben hat. Sowas passiert dann natürlich immer um 2:30 in der Nacht. Also Spinnaker runter, klarieren (nach Anleitung von Andrea, hat wohl mehr Bettlaken sauber zusammengelegt als ich) und wieder rauf und alles bei 20 Knoten Wind und Welle und Dunkelheit (22 Knoten Wind sind so das obere Ende für einen Wingaker).Was soll ich jammern…Selber Schuld. Wir hätten ja nur die Fock nehmen können und wären 3 Tage später ankommen…Sonst hatten wir keine Katastrophen. Einmal ist der Autopilot ausgefallen, weil sich was im Keilriemen verfangen hat. Da hat es die Scherstifte an der Sollbruchstelle abgerissen (2:30). Aber Ersatzstifte waren zum Glück da. 15 Minuten später war alles repariert. Sonst Kleinigkeiten wie große Wellen die sich in die Küche ergießen genau in dem Moment wo man das Schott nicht sofort wieder reinmacht. Da ist alles schön Salzwassergetränkt. So schauts aus wenn wir Sachen trocknen und verschatten. Wie gesagt… kommt eh keiner, Sicht nach vorne ist auf der Route überschätzt.

So, also hier mal die Statistik:

Gesamtstrecke Mindelo-Charlotteville: 2127 sm
Schnitt: 6,0 kn
größtes Etmal (24h Strecke): 197 sm (8.2 Knoten Schnitt)
Gewittertage 1
Flautentage 2
Dauer: 14 Tage 21h
Ehekrisen: 1.5
gefangene Fische: 2 (echter Bonito und Mahi Mahi). Ein ganz fetter ist abgerissen

Am Anfang und zwischendrin war mal zwei Tage Flaute, teils mit viel Regen. Squalls mit Monsterwind hatten wir nicht. Wenn wir die Welt tatsächlich umsegeln… dann war der Atlantik ein reines Aufwärmtraining. Von Panama zu den ersten Inseln in Französisch Polynesien sind es 3800 sm. Also fast doppelt so weit. Pfuhhh. Jetza, was macht man so wenn der Tag lang ist? Essen, Angeln bzw. Sargassogras von den Angeln entfernen, Lesen, Musikhören, Gitarre spielen (zu viel…hab ne Sehnenscheidenentzündung), Backgammonspielen, mal a bissi Wackelyoga, sich auf der Badeplatform durchspülen lassen, blinde Passagiere entfernen (Heuschrecken wollen wir nicht verteilen), Plastikflaschen kleinschneiden, Wolken und Sternschnuppen gucken, Haare schneiden (hab ich gut gemacht), googeln warum man Schrumpelfüße hat und wenn’s ganz fad wird Furzexperimente.

Also einen Tag kam ein Gewitter nach dem anderen über uns drüber. Ich bin draußen rumgesaust und hab geschaut das alle Wasserkanister voll werden, dann Segel rauf und runter je nach Wind und als ich mich im trockenen hinsetze seh ich keine schönen Dinge (meine Hände und Füße). Guckst DU:

Schee is anders. Und man fragt sich auch gleich: „Ist das noch normal?“. Ich hoffe da auf fachlichen Beistand. Google sagt quasi: Junge du hast einfach gute Nerven, weil die Haut schrumpelt nicht weil sie Nässe aufnimmt, sondern die Nervenenden verursachen das irgendwie, damit man besser greifen kann wenn Nass. Eher Angst haben muss man wenn’s nicht schrumpelt im Regen (Nervenschäden). Aber trotzdem irgendwie nicht sexy. Das war doch früher nicht so… hmmm.

Achtung! Hier bitte überspringen wenn man konservativ erzogen ist! Ist wirklich nicht für jeden. Ich denke das wird mich die Hälfte der Leserschaft kosten.

Ja und von den Furzeperimenten hab ich zum Glück auch kein Video. Das wäre too much. Ich glaub Andrea war es wirklich fad. Am Vorabend gab es Linsen und dann folgendes: Sie liegt da auf der Seite (nackig, wir waren immer nackt), lässt einen fahren und fragt: „Siehst du den Furz eigentlich?“. Ich hab jetzt gerade nix spannenderes zu tun „Sag mal wenn wieder einer kommt, ich guck mal“. Hab irgendwie eine Schwefelwolke erwartet, aber nein zu witzig… man sieht die Arschbacken flattern. Mei, mir haben so gelacht. Und waren natürlich voll in Fahrt. Legt man sich zum Beispiel mit dem Bauch auf den Po des anderen, dann vibriert ein Pups durch deinen ganzen Körper. An dem Punkt sind wir fast erstickt vor Lachen. Kann ich jedem als Paartherapie empfehlen (allerdings nicht bei feuchten Rollern!!).

Verstörende Inhalte aus

So das wär geschafft. Hier ein paar Bilder vom Atlantik zum Runterkommen

Peter hat uns Charlotteville in Tobago als ersten Anlaufpunkt empfohlen…danke. Es ist ein Traum. Einklarieren war mit so vielen Formularen wie noch nie bei drei Behörden an zwei Tagen (mindestens 15 Dokumente mit Durchschlägen). Aber alles ganz herzig (siehe Bild).

Außerdem gefallen mir die Namen der Buchten hier: „Pirates Bay, Man o War Bay, Dead mens Bay, Bloody Bay“. Wir sind erst drei Tage da und die Fotoauswahl ist ein Problem, weil es so schön ist. Gestern haben wir Andreas Geburtstag bei Pizza auf Bananenblättern in der Pirates Bay gefeiert. Einer der schönsten Strände die ich kenne. Ein Dude hat da einfach einen Pizzaofen in den Jungle gebaut.

Pirates Bay

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