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Monat: Oktober 2024

Eine Bombe um ein Ölgemälde zu werfen und Hitchcocks die Fische

Catchy meine Titel, oder 🙂

Hafen von Las Palmas. Pechschwarze Nacht…

„Fuck…Wo ist denn bitte verdammt noch mal Nord?“
„Oben am Plotter halt!! (du Hirni)“

Da hat sie natürlich recht. Also geb ich Volldampf mit beiden Motoren und lenk nach Steuerbord. Kurzer Blick noch mal auf den Plotter. Ja uff, das war das richtige Nord, das kleine Dreieck bewegt sich nach oben. Mein ausgezeichneter Orientierungssinn war schon immer eine meiner Stärken, derweil tu ich mir mit Nord und Süd noch leichter als mit Ost und West. Um die Welt geht es immer nach Westen glaub ich, mal sehen wo wir landen. Wir machen jetzt 8 Knoten Fahrt durch den Hafen (nach oben) und hinter uns rauscht aus dem Nichts arschknapp mit 20 Knoten ein Riesen Tanker durch. Wieso darf den der hier so rasen, mitten im Hafen?? Auf dem Lotsenboot das uns ganz hektisch per Funk nach Norden verscheucht hat („Captain, Captain! Change course to north immediatly. Big big ship approaching“) werden Köpfe geschüttelt. Ich bin mir ned ganz sicher was wir falsch gemacht haben. Aber wahrscheinlich einfach alles. Also lieber raus aus dem Hexenkessel bevor wir noch was putt machen…. Teneriffa lassen wir in der Morgendämmerung links liegen, wir können uns ja nicht alles ansehen und La Palma soll ja so schön sein.

Und es ist wirklich wahr, die Berglandschaft ist der Hammer. Über die noch warme Lavazunge vom Vulkanausbruch von vor drei Jahren gibt es eine neue Straße mit hitzebeständigem Spezialasphalt (Spitzentechnologie von Feinsten lol 🙂 wär was für dich, Cubair (sorry das war ein Insiderwitz)). Kleine Bauingenieurexkursion, sozusagen. Von da geht’s rauf in den Nationalpark. Seit Lake Tahoe hab ich so was Schönes nicht mehr gesehen. Lichte Kiefernwälder, steile Berge. Alles riecht nach Pinien. Ein Traum zum Wandern. Santa Cruz ist auch hinreißend… hier mal die Fotos und dann wieder ein paar Geschichten.

In La Palma flieg ich kurz mal zwei Tage nach Kloburg. Bestellte Ersatzteile abholen, Kinder knutschen und unter die Arme greifen und der Jugend Allgemeinwissen vermitteln. Mit Genehmigung meiner Tochter, sie findet es auch Lustisch: Bei der Prozession der Madonna von Crotone (Blog vom Juni oder so..) handelt es sich nicht! um ein Musikfestival mit der Sängerin Madonna (die auch nicht aus Crotone kommt, sag ich mal), sondern um eine kirchliches Fest zu Ehren des heiligen Madonnenbildes von Crotone. Madonna ist also sowas wie Mutter Gottes und nicht die Großmutter der Popmusik. Wozu hab ich sie auf eine katholische Privatschule geschickt??

Apropo Ersatzteile: die Gleda hat jetzt ein Blaulicht! Wir haben, damit wir besser gesehen werden, wenn wir am Anker sind in der Nacht, hinten drauf so ein kleines Lichtlein. Lädt sich tagsüber solarmäßig auf und geht automatisch an, wenn es dunkel wird. Dann sieht man am Ankerplatz, wo die Gleda aufhört. Es ist nämlich bei Ankerplätzen mit ner Stadt im Hintergrund kaum zu erkennen was Mastlichter und was Stadtlichter sind. Falls es kaputt geht, haben wir jetzt noch ein Profiblinklicht und eins aus dem Baumarkt und das haben wir aufs Dach vom Pod geschraubt (Dreifach hält besser). Große Freude in der ersten Nacht! Es ist blau! Wie die Pozilei. Keine Ahnung, ob das erlaubt ist, aber solange sich niemand beschwert… wir lieben es einfach und da klettert uns auch kein böser Bube mehr an Bord, wenn er böse und auch a bissi blöde ist und uns die amtliche Beleuchtung abkauft.

Nach vier Tagen ist man offensichtlich in La Palma angekommen. Morgens geh ich wie jeden Tag in mein Caffè (Das Atlantico). Der Barmann ruft „Hola, Amigo“ und macht sich klappernd an die Arbeit an der Kaffeemaschine. Er weiß ja was ich will. Cappuccino… andere bekommen schweigend ihr Bier, oder Schnaps. Chacun à son goût. Auf Deutsch „Jeder nach seinem Geschmack“. Ich muss hier etwas mit meinem Französisch „protzen“ („flexen“ – für die Jugend). Auf spanisch kann ich das nämlich noch nicht, was schooo Oarsch is (auf Deutsch: blöd ist). Jetzt hab ich auch noch mit meinen Österreichischkenntnissen angegeben. Pffff..

Ja, also.. wenn man der Landessprache nicht mächtig ist kommt man natürlich nicht so gut ran an die Menschen und es kann auch zu seltsamen Missverständnissen führen. Wie gestern geschehen. Freundlich grinsend steht ein junger Mann neben der Gleda und ruft mich an. Die Sprache kann ich ja nicht, aber ich merke er will was von mir. Segler helfen einander. Ich stell mich also neben ihn und er redet fleißig los. Das kommt mir spanisch vor. Ich versteh kein Wort. Andrea gesellt sich dazu. Auch sie kann nur erraten… er braucht was von uns. Da wir nix verstehen (Englisch kann er nicht) redet er einfach mehr und lauter. Das ist eine lustige südländische Strategie. Mein italienischer Helfer Nino in der Werft hat die auch angewendet und nach fünf Tagen dauerquasseln mit Händen und Füßen lernt man auch ein paar Brocken. Soviel Zeit hatten wir aber nicht, also hab ich das Handy geholt. Ich mach Google Translator auf und halt’s ihm vor dem Mund. Da hört er mit großen Augen schlagartig auf zu reden. Zefix. Aber dann kommt doch ein Satz raus und das Ergebnis kann sich sehen lassen.

What the fuck? Gelächter bei Andrea und mir. Er lacht freundlich mit und weiß nicht warum. Hab ja gesagt das kommt mir spanisch vor. Also wird weiter gestikuliert. Irgendwann zeigt er hinter sich auf sein Schiff und beim Anblick der brasilianischen Flagge deucht mir das genuschelte Spanisch auf einmal Portugiesisch und siehe da:

Jetza hab ich dann schon die Transferleistung gebracht, das er aus seinem Motor und nicht aus der Erde fördern will…. So was haben wir, eh klar. Glücklich zieht er von dannen. Als naheliegendes Dankeschön will er uns 20 kg Porzellangeschirr schenken. Ich muss leider ablehnen, unsere Wasserlinie ist eh schon nicht mehr das was sie mal war. Also merken: Sprachkenntnisse sind wichtig, noch wichtiger ist aber zu wissen welche….

Nun fahren wir also unter Blaulicht (Aus der Bahn Kartoffelschmarrn!) unsere bisher längste Strecke auf die Kap Verden. 800sm, ca 6 Tage. Das ist irgendwie schon ein Teil der Atlantiküberquerung. Dann sind es „nur“ noch gute zwei Wochen und schwupps sind wir in der Karibik. Und das glaubst Du jetzt nicht: Den ersten Tag kein Fisch, dann zwei so kleine…pfff… also hängt Andrea den großen Köder hin. Nach dem Motto: Wenn schon kein Fisch, dann wenigstens ein Großer. Und na also geht doch! Pfunds MahiMahi (Filets mit Butter/Zitronenreis. Köstlich) Zwei noch fettere waren auch dran (Vielleicht ein Schwertfisch?), aber die haben sich freigemacht nach langem Kampf.

Wo wir gerade bei Fischen sind. Je weiter südlich wir kommen (13 Breitengrade haben wir geschnupft seit den Kanaren. Sind jetzt auf dem 15ten also schon Karibikbreite) desto mehr fliegende Fische verirren sich beim Nachtflug ohne Instrumente auf die Gleda. Wir retten so viele von den Flugamateuren wie wir können. Sollen zwar eine Delikatesse sein, aber Andrea findet es sind zauberhafte Wesen die das Ergebnis einer großen Romanze zwischen einem Fischlein und einer Libelle sind. Also kein Schlachtfest.

Mein Verhältnis mit den Viechern is ned ganz so romantisch. Erstens stinkt die Gleda wie ein 1A Klopapier Fischkutter und zweitens wurde ich hinterrücks attackiert.  Hitchcock die Fische, Hilfsausdruck. Die folgende Geschichte ist wahr. Pumuckel würde sagen: Ich schwörs bei der Klabauterehre. So um zwei in der Nacht sitz ich etwas rammdösig im Pod, neben mir ist von der Verkleidung nur ein fizzi Spalt offen und genau da fliegt so ein Zauberwesen mir direkt auf den Schoß und versucht sich rotierend  in meine Hose zu arbeiten. Scheiße, ich hätte fast einen Herzkaschper gekriegt. Ich ring ihn nieder und schmeiß ihn raus und dann geht’s richtig ab. Es regnet Fische vom Himmel. Überall schlagen sie ein. Andrea liebt sie, also versuche ich zu retten was zu retten ist. Brav mit Schwimmweste und angegurtet stolpere ich in stockfinsterer Nacht mit Stirnlampe und Kehrschaufel bewaffnet übers Deck und versuch mehr Fische zurückzuschippen als runterkommen. Gedankt wird es mir durch einen Direkteinschlag mitten ins Gesicht. Jetzt stellt sich langsam leichte Hysterie ein. Mit irrem Blick kämpfe ich weiter und 30 Min später ist es getan. Mindestens 30 Viecher sind zurück im Wasser. Vielleicht ist auch eine Motte mit reingekreuzt und die Fischi werden von Blaulicht angezogen? 7 Verluste sind allerdings zu beklagen. Die Fischleichen finden wir erst am nächsten Tag in allen Ritzen. 7 zu 30 ist aber ein gutes Ergebnis find ich.

Sechs Tage und mehrere Fischeinschläge später kommen wir an. Hier noch kurz dazugesagt… das 6 Tage Zeitfenster haben wir super Dusel gehabt. Ich würde fast sagen super geplant. Einen Tag später weg und wir wären in einer 3 Tage Flaute gehangen. Einen Tag später da und wir hätten voll 35 Knoten Wind von einem Tiefdruck wirbel von vorne gehabt. Siehe das Bild vom Ankerplatz. Gerade gemessen 30 knots Wind. Zwei Schiffen schleppen ihren Anker durch den Sand und ankern neu. Unser Monsteranker hält ganz brav.

Und jetzt kommt auch das erste Mal die gelbe „Q“ Flagge zum Einsatz (Q wie Quarantäne: Sprich… wir kamen nicht von Madagaskar und hatten auch nicht die Pest an Bord). Muss rauf wenn du noch illegal bist im Land. Wir haben dann brav in der kleinen Pozileistation im Fischhafen von Palmeira auf Sal  (Blaulichtkumpels von uns) unsere Pässe stempeln lassen und jetza darf die Q Flagge wieder runter. Fühlt sich immer mehr nach großer Reise an. Das Pässe stempeln hat uns einen Vorgeschmack darauf gegeben wie die hier ticken. 20 m2 Büro mit 3 Beamten von Polizei und Immigration. Lautes Gelächter, Reggea Musik. Die Formulare fürs Boot können sie gleich machen, aber fürs Pässe stempeln müssen wir um drei wiederkommen, weil der eine Beamte hat den Stempel aus versehen mit nach Hause genommen. Pünktlich um drei sind wir wieder da. Was einmal deutsch genetisch versaut ist lässt sich auch durch Prügel nicht korrigieren. Der Stempel macht natürlich noch Siesta. Wir gehen beim Chinesen einkaufen. Um zwanzig nach drei: „Captain, Il arrive jaques minute.:..“. Captain…grins. Wir machen es uns bequem. Um vier dann fährt ein Polizeiauto vor (laute karibische Rapmusik). Und Juhuu er hat den Stempel nicht vergessen. Aber irgendwas stimmt nicht mit dem Stempel. Lautes Palaver. Wieso ist da Dreck in den Ritzen? Ich versteh nicht alles, aber ich glaub er hat ihn seinem Sohn zum Spielen gegeben (Umgang mit Kindern siehe unten). Die einzige Polizistin zückt die Nagelfeile und puhlt die Ritzen sauber. Jetzt zack noch in den Pass (halb daneben aber mit Liebe und Schmackes) und fertig. Herrlich.

Palmeira gefällt uns ganz ganz gut. Wirklich. Kaum Touristen (Wir zählen ja nicht). Ein echtes Fischerdorf. Die Leute sind sackfreundlich zu uns, unglaublich liebevoll zu den Kindern und logo die Kinder sind dann auch alle herzig. Kein Geschrei, kein Gestreite, keine Handys in der Hand. Jeder hockt sich gemütlich zum ratschen her (mein Französisch hilft a bissi. Mein Portugiesisch und Kreol ned so). Das letzte Foto ist Madrugada ein alter Hochseefischer. Andrea und er waren im kleinen Caffè in tiefe Fachgespräche vertieft….

geballtes Angelfachwissen

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