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Schlagwort: Kolumbien

Lolly Lolly Gruppo Gleda

Jetzt berichte ich noch Erbauliches aus Kolumbien. Nichts werde ich berichten von Frauen die täglich! Wäsche waschen müssen und sich dabei in Kleinkriegs ähnlichen Psychospielchen beim Kampf um die einzige funktionierende Maschine verstricken. Obwohl meine Frau dieses neue Reality-TV Format „Laundry Wars“ aus dem gegenüberliegenden klimatisiertem Raum genau beobachten konnte… das lasse ich weg. Na ja, nur das eine -weil das war wirklich lustig – als Andrea der Platzkuh nach einer besonders aggressiven Vordrängelei einfach heimlich den Stecker aus dem Trockner gezogen hat. Die Fenster sind nämlich verspiegelt und Andrea konnte bestens von innen verfolgen wie die Saat aufgeht und es ist ja auch wirklich interessant was so ein kleiner moderierter Eingriff in das Spielgeschehen für sozial-gruppendynamische Folgen hat. Recht professionell von meiner Frau, weil bei den Realityshows von RTL II arbeiten sie mit den selben Mitteln um etwas Pfeffer reinzubringen. Man fühlt sich auch gleich wieder jung.

Nachreichen muß ich auch noch die Fotos aus Minca, einem Dorf im Nationalpark. Da waren wir mal vier Tage zum Wandern. Gespickt voll mit jungen Backpackern. Natur- sensationel, Condore, Brüllaffen, Tucane… Hie ein paar Buidl. Für die ersten zwei Bilder des lokalen Eiertransportunternehmens noch zur Info: Hier oben gibt es nur ausgewaschene Feldwege mit Schlaglöchern und Felsen… unfassbar.

Und weils gerade so schee war mit dem Wandern, hat Andrea beschlossen: Wir gehen zur Ciudad Perdida. Und da muss ich meiner Frau jetzt mal so richtig danken. Weil, als ich die Anforderungen gelesen habe: 63km in 3.5 Tagen, 19km am Tag, insgesamt 3000 Höhenmeter. Sacklzement hab ich mir da gedacht, bist du alter Sack da fit genug? Mein Perfektionist wollte sagen: Nein…trainier erst mal, aber mein Optimist (Andrea) hat gesagt: Basst scho, mir san jetza da, also auffe. Sie wollte halt unbedingt hin. Nur mit viertägigem Marsch durch den Urwald erreichbar. Nicht mit dem Zug wie Machu Picchu und außerdem 600 Jahre älter als die Stadt in Peru. Man muss es sich halt erarbeiten.

Andrea meldet uns an. Der Zugang ist beschränkt. Wandern ist nur mit Tourguide erlaubt, weil die Indigenen keinen Massentourismus wollen. Maximal 200 Besucher pro Tag (40 bei uns), Gruppen von 10 Leuten mit Führer, Übersetzter und Koch. Geschlafen wird in Camps. Zur Vorbereitung renn ich jeden Tag noch mal 7km durch Santa Marta, aber das ist natürlich quakes, weil alles flach hier. Unsere Gruppe besteht aus lauter 20 bis 30 jährigen die sich über ihre letzten Triatlonzeiten unterhalten…und uns. Jeckerl.

Die Gruppe is wirklich wahnsinnig nett. Wir ratschen natürlich auf der zweistündigen Jeepfahrt zum Ausgangspunkt und die jungen Leute sind ganz begeistert von unserer Reise. Als der Guide sagt, das wir uns einen Gruppennamen ausdenken sollen, damit er uns immer zum Apell antreten lassen kann (fünf Uhr Früh ist aufstehen, sechs Uhr ist Abmarsch – wie zur Grundausbildung) entscheidend die Jugend sofort: „Gruppo Gleda“. Hach!

Wie erwartet halten wir das Tempo ganz brav mit – für 500m. Danach teilt sich die Gruppe. Der Übersetzer rennt mit den Sportlern vorraus und unser Guide macht den Lumpensammler für uns. Zum Glück kommt immer so ab ein Uhr Regen, was das Aufsteigen erleichtert, wir kommen bei den 20km am zweiten Tag trotzdem so ein bisschen aus unsere Comfortzone. Unglaublich – die indigenen Tourguides können die 63km an einem Tag hin und zurück machen. Der Rekord liegt bei 6 Stunden für die 63km. Vielleicht ist das sogar wahr. Immer wider rennen indigene jugendliche Barfuß an uns vorbei. Teilweise haben 10 jährige Mädchen dabei noch ihre kleinen Geschwister auf den Rücken gebunden.

Omar, unser Guide redet nur spanisch, mit ein paar englischen Fetzen. Wenn er merkt das wir overpacen ruft er uns zu „Lolly Lolly, Mummy“. Hat etwas gedauert, er meint Slowly, Slowly. Und ja, anscheinend wegen unseres fortgeschrittenen Alters in der Gruppe nennt er uns „Mummy“ und „Uncle“. Daweil ist er 6 Monate älter als ich. Sowas.

Omar erzählt mit Tränen in den Augen seine Geschichte. 1973 wurde die Ciudad Perdida von Grabräubern entdeckt. Die haben sich dann auch gleich gegenseitig stilgerecht mit Macheten abgeschlachtet, als das erste Gold zum Vorschein kam. 1975 haben die Ausgrabungen begonnen. 1978 war Omar 10 Jahre alt und seine Eltern haben ihn und seinen Bruder aus Santa Marta in die Berge geschickt, weil zu dieser Zeit Rebellengruppen Kinder als Rekruten entführt haben. Omar hat sich 6 Jahre den Ausgrabungen angeschlossen. Er kennt jeden Stein. Danach war er mit der erste Tourguide der Touristen hochgebracht hat. Mit der Erschließung der Wege und alten Terrassen kamen nicht nur die Touristen, sondern auch die Kokabauern. Wirklich lustig, aber die ersten Touren haben nicht nur Führungen zur Ciudad Perdida sondern auch zu den Kokainküchen gemacht. Mit genauer Erklärung wie man das Pulver herstellt. Unrechtsbewusstsein gab es nicht, die Indigenen kauen ab ihren 18. Lebensjahr ununterbrochen auf einer Kokapaste rum (die wird dann zu einer Schüssel geformt die man mit rumschleppt und aus der der Schamane nachlesen kann was in einem vorgeht. Wie ein Tagebuch) . Das war für die Bauern hier einfach ein gutes Geschäft mit den Kartellen. Bis zwei DEA Agenten den Treck mitgemacht haben. Danach kamen die amerikanischen Hubschrauber und haben alle großen Kokafelder entlaubt. Finito. Schade, weil die ganze Infrastruktur für den Kokaintransport auch mit deutschen Steuergeldern finanziert wurde. Die Kartelle haben sich sicher totgelacht. Omar erzählt, das die KfW für den Bau einer Brücke die 30.000 Euro kostet, 100.000 abgedrückt hat. Der Rest ist in den Bau von Kokainküchen geflossen und der Transport war jetzt ganz smooth. Ich weiß nicht ob es die Geschichte ins Schwarzbuch der Steuerzahler geschafft hat.

Ich kann den Trip wirklich nur weiterempfehlen. Urwald, Flüsse, Wasserfälle. Abends bekommst du noch was Gutes gekocht. Dann liegen wir um sechs in unserem Stockbett unter einem Mückennetz. Der Regen prasselt auf das Wellblech über dir, die Jugend spielt noch was und lacht und zack sind wir eingeschlafen. Nach drei Tagen und finalen 1200 Stufen bergauf treffen wir den Mann auf dem 50.000 Peso Schein. Nicht Gabriel Garcia Marquez, der ist auf der anderen Seite, sondern den Häuptling der Ciudad Perdida. Auf seinem Kokaball kauend binded er jedem von uns ein Armband um.

Alles schmerzt, daher fahren wir zum Muskeln ausschütteln nach Cartagena und tanzen Salsa.

Kolumbien, me gusta. Machs gut und bleib sauber. Wir segeln weiter in Richtung der untergehenden Sonne. Nächster Halt Panama.

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Import / Export oder das Pendel lügt nie

Ich habe eine kolumbianische Steuernummer. Arghhh…Wie konnte es nur soweit kommen? Dieses und weitere interessante Einsichten in die kolumbianische Bürokratie behandelt dieser Blog. Dies ist der erste Blogteil zu Kolumbien. Sozusagen der amtliche Teil.

Für Kolumbien war mindestens 6 Wochen Aufenthalt geplant. Zum einen wegen der langfristigen Routenplanung mit Wetter- und Zeitfenstern für San Blas, Panamakanal und die Ankunft in den Marquesas und auch weil es hier so schön sein soll. Und schön ist es. Kolumbien hat sich sofort auf den ersten Platz der schönsten Länder außerhalb des Mittelmeeres katapultiert. A bissi warm und schwül vielleicht. Eigentlich immer zwischen 33 und 38 Grad am Tag und selten unter 27 in der Nacht. Die Sonne knallt. Sonnencreme wird nur zwischen Schutzfaktor 70 und 110 angeboten, aber besser finden die meisten Totalvermummung. Manche lassen sich auch täglich einen Eiswasserpool befüllen. Jedem Tierchen sein Plaisierchen. Aber die Leute sind super und die Berge und der Regenwald unglaublich. Aber das machen wir später.

Wir haben beschlossen die ganze Zeit in der Marina in Santa Marta zu bleiben. Hier geht es nämlich schon los mit dem Amtsschimmel. Einklarieren geht nicht ohne Agenten und auch nur unter der Woche. Mir san ganz smart am Samstag um 1400 angekommen und können nicht in die Marina weil wir ja nicht einklarieren können. Montag dann wieder. An Land dürfen wir auch nicht wird uns gesagt. Streng verboten. Tja, so locker sind wir mittlerweile das uns das nicht mehr tangiert. Aber nicht nur das Einklarieren ist kompliziert, selbst einfach mal raussegeln muss angemeldet werden. Mit exakter Rückkehrzeit. Wer nach Cartagena segelt muss auch wieder ausklarieren und da mit Agenten wieder einklarieren. Also bleiben wir lieber gleich da und machen Landexkursionen. Und außerdem haben wir uns neue Segel für den Pazifik bestellt. Die alten sind ein wahrer Flickerlteppich. Und die kann man ja ganz prima in 6 Wochen von Thailand (da sitzt ein super Segelmacher für unsere Spezialsegel) in die Marina liefern lassen. Spaaaß.

Wir schreiben den 12. August. Die Segel sind fertig und verschickt. Am 18. bekomme ich von DHL eine freudige eMail. Alles auf Spanisch. Logo. Englisch ist hier weitgehend unbekannt. Mein Spanisch beschränkt sich auf die Frage „Como estas?“ mit „Muy bien“ zu antworten. Aber damit komm ich nicht weit, weil Muy bien war im folgenden selten mein Gemütszustand.

Also die DHL Mail… „Ihr Paket ist im Zolllager von Bogota angekommen und wir freuen uns als Agent für sie tätig zu sein. Sollte die Ware nicht bis zum 22.9 aus dem Zollager gelöst werden, dann fällt das Eigentum an den kolumbianischen Staat. Einen schönen Tag“. Zolllager hört sich schon mal spanisch an. Mir wurde extra von der Marina gesagt das Paket mit „Boat in Transit“ zu markieren, weil da kein Zoll und Import anfällt. Also was soll das? Ich schreib zurück: „Was soll das? Was soll ich machen? Und was ist das für eine schreckliche Deadline?“. Keine Antwort. Nächster Tag: Keine Antwort. Ich schreib an alle eMail Adressen von DHL Weltweit und siehe da nach drei Tagen eine Antwort: „Sie brauchen für den Import einen Agenten“. Ich: „Hä? Sie haben doch geschrieben DHL bedankt sich der Agent sein zu dürfen“. DHL… keine Antwort. Es geht wieder ein Tag ins Land. DHL: „Sie brauchen einen lokalen Agenten oder Importeur“. Ich: „HILFE. Was ist das? Wo find ich so was?“. DHL…Stille.

Es wird mir mulmig in den Haarspitzen. Mittlerweise haben wir den 29. August. Die Deadline lauert. Ich trage die ganze Sache in das Marina Office. Da haben sie eine Englischsprachige Mitarbeiterin. Und wenn ein Kolumbianer merkt das ein Mitbürger mit der kolumbianischen Bürokratie Probleme hat, dann solidarisiert man sich. In dem ganzen Prozess waren wirklich alle Mitstreiter super hinreißend. Im Marina Office haben alle die Köpfe zusammengesteckt und gemurmelt und palavert und dann mich mitleidig angesehen: „Ja… hatten wir schon Mal. Aber nicht verzagen die Chancen stehen 50:50 das du deine Segel bekommst. Das dauert alles und Du hast nicht mehr so viel Zeit. Oft werden die Waren auch einfach nicht abgeholt, weil der Import irre teuer ist und dann werden sie nach 30 Tagen vernichtet“. Das mulmige Gefühl fängt an sich in die Zehen auszubreiten. Die Juristin der Marina telefoniert 4 Stunden mit DHL. Ergebnis: wir brauchen einen speziellen Importagenten in Bogota der in das Zollager kann. Dann 2 Stunden Telefonat auf der Suche nach einem solchen Agenten mit rudimentären Englischkenntnissen. Und wieder Glück. Die Mitarbeiterin des Agenten kann a bissi Englisch, ist auf zack und super hilfsbereit und kann Whatsapp.

Wir legen los. Erst mal wieder eine Solidaritätsbekundung: „Mr. Michael, I am so sorry for you“. Sie braucht meinen Pass, alle möglichen Papiere, Bilder von den Segeln. Damit geht sie zur Rechtsabteilung, weil hier anscheinend jeder Fall speziell ist. Deren Rat: Um die Segelvernichtungswahrscheinlichkeit zu minimieren ist es das beste die Güter für den Import auf den Agenten zu übertragen und die machen dann alles. Ich erfahre jetzt auch endlich wo der Hund begraben liegt: Die drei Segel kosten 3900USD. Alles über 2000USD oder 50kg muss ins Zolllager und importiert werden. Hätte ich also jede Woche ein Segel einzeln verschicken lassen dann hätte ich mir das alles sparen können und wenn der Hund ned gschissen hät wär ich ned neigetappt. Wo ich doch immer alles so genau plane…hätte ich nur ChatGPT vorher gefragt. Hätte hätte Fahradkette….

Ich bekomme auch gleich einen All Inclusive Preis: ca. 2500 USD. Der Agent bekommt davon 200USD, Rest geht an die DIAN, das ist die Zoll und Steuerbehörde in Kolumbien. Eine super Amigotruppe. Die lassen sich schon was einfallen. In den 2500 sind zum Beispiel auch 300USD Strafe, weil die Segel aus Polyester sind und Polyesterimport muss man unbedingt vorher anmelden.

Zufällig stehe ich am selben Tag im Supermarkt vor einer Wochenzeitung. Das Thema: „Die korrupten Machenschaften der DIAN“. Man lernt Tolles: z.B. Mitarbeiter bereichern sich an Waren die nicht abgeholt wurden, weil die Zeit extra von der DIAN verschleppt wurde. Die Waren werden dann nicht vernichtet sondern am Schwarzmarkt verkloppt. Ich schick das Bild der Wochenzeitung meiner Agentin und sie sagt „Mr. Michael you are so lucky…“, weil das gerade ein offener Skandal ist und da wird das Betrügen und Verschleppen kurzfristig etwas runtergefahren bis Gras über die Sache gewachsen ist. Na also. So viel Glück kann man ja gar nicht ertragen. Meine liebe Schwiegermutter befragt lieber trotzdem das Pendel und… alles Gut, das Pendel sagt die Segel kommen an.

Jetzt ist die Übertragung der Segel für den Import nicht ganz leicht. Jede Unterschrift in Kolumbien muss notariell beglaubigt werden. Mietvertrag, Arbeitsvertrag, Autokauf, Stromanbieter wechseln. Alles. Ein Versuch Rechtsstaatlichkeit einzuführen. Es wird hier einfach so viel beschissen, das es nicht anders geht. Dementsprechend geht es zu. Man zieht eine Nummer und wartet. Nach zwei Stunden bin ich dran…Blöd nur: Der Notar weigert sich mein DHL Importdokument zu beglaubigen, weil sie es für eine Stromrechnung halten und überhaupt hat es keine weiße Rückseite. Ich rufe meine Agentin an. „Mr. Michael… einige Notare sind kompliziert. Kann ich mit der Mitarbeiterin sprechen?“. Ja schon, aber erst muss ich eine neue Nummer ziehen wird mir gesagt. Oh mei. Ich ziehe eine neue Nummer und nach eineinhalb Stunden (mehrere ältere kolumbianische Damen versuchen mir in der Zwischenzeit Spanischunterricht zu geben) macht der Schalter zu. Mittag. Bitte in zwei Stunden wiederkommen und neue Nummer ziehen. Weil aufregen ja auch nix hilft geh ich einen Kaffee trinken. Am Weg komm ich zufällig an einem weiteren Notar vorbei. Ich linse rein. Gar nix los. Nummern gibt es auch nicht. Ich komme gleich dran. Diesmal reiche ich gleich das Handy weiter. Meine Agentin und der Mitarbeiter diskutieren 5 Minuten und zack kommt ein Stempel auf das Dokument, wird zusammengerollt und in ein Stück Ablussrohr gesteckt das an einer Schnurr aus einem Loch in der Decke kommt. Kurzer Ruck an der Schnur. Das Rohr verschwindet in der Decke und kommt zwei Minuten später wieder mit Notarunterschrift raus. Spitzentechnologie vom Feinsten. Ich muß noch zahlen. 3000COP, das sind ca 60Cent und fertig. Mittlerweile ist der Notar bummvoll…Wieder mal Schwein gehabt Mr. Michael. Auf dem Bild sieht man die Rohrpost mit dem Loch in der Decke im Hintergrund.

Das ganze zieht sich natürlich. Immer wieder müssen wir auf Antwort von DHL oder DIAN warten, oder Dokumente per Kurier nach Bogota schicken. Es sind jetzt keine zwei Wochen mehr bis zum Stichtag. Auch meine Schwiegermutter wird langsam nervös. Das Pendel hats doch gesagt…wo bleiben denn jetza die Segel?? Blöd auch das wir nix anderes machen als warten und reagieren. Einmal waren wir 4 Tage in Minca (später dazu), aber sonst hängen wir ab, gehen Kaffeetrinken, reparieren mal was gammliges am Schiff ratschen mit den Nachbarn von den Lotsenbooten oder mit anderen Weltumseglern, lassen uns den Hut putzen und gehen bummeln. Mal als Auflockerung ein paar normale Bilder.

Snap back to reality… Einige Tage hin und her. Dann die Antwort der DIAN: Leider, leider können die Segel nicht auf den Agenten übertragen werden, da neben meinem Namen als Kontaktperson bei DHL auch noch eine Mitarbeiterin der Marina genannt ist. Und ohne deren Unterschrift….tja, leider, leider. Ich hatte extra den Namen der Marinamitarbeiterin angegeben, weil ich ja gar nicht wusste, ob wir da sind wenn die Segel kommen und da braucht es halt einen Kontakt mit Telefonnummer für DHL. Grober Fehler. Verständlicherweise weigert sich die junge Dame irgendwelche Unterschriften in Steuer oder Zollsachen zu leisten. Selbst die Agentin wird nervös. Ich beruhige sie und erzähl ihr die Sache mit dem Pendel. Nur müssen jetzt alle Papiere geändert werden, so das nur noch mein Name drauf ist. Dafür muß der Segelmacher neue Rechnungen und auch Erklärungen schreiben. Ich muß zum Notar, aber das mach ich mit links mittlerweile. Die DIAN will auch 100USD für den Spaß. Cash eingezahlt bei der nächsten Bank. Und weil die Zeit rennt und die Umschreibung nicht mehr zeitig fertig wird, muss ich die Segel doch selber importieren. „Mr. Michael you need a colombian tax ID“. Um 8 Uhr 15 habe ich Tags drauf einen Termin bei der DIAN. Es ist ganz anders als ich mir das vorgestellt habe. Statt Gaunern hängen überall Herziluftballons rum. Um 8 Uhr bin ich da und komme sofort dran. Der Beamte ist hinreißend. Er trägt ein rosa Hemd mit der Aufschrift „I LOVE YOU“ und ist ganz entsetzt was mir widerfährt. Für die da in der oberen Etage hat er nicht viel übrig. Wieder ein langes Telefonat mit meiner Agentin und als ich als Adresse „Boot“ angebe ist er vollkommen entzückt und will gleich mitfahren. Jetzt nur noch einen Beruf. Ich: Kapitän? Er legt den Kopf in den Nacken und den kleinen FInger an den Mundwinkel und dann die Erleuchtung: Import/Export, das passt. Der Drucker summt und raus kommt meine Steuernummer für Kolumbien. Er steht auf und (ohne Witz) umarmt mich zum Schluß mit den Worten „Welcome to the taxes of Colombia“.

Andere hatten kein so beglückendes Erlebnis. Beim Rausgehen schreit ein Amerikaner in sein Handy „I swear I kill all those corrupt bastards“. Tja. Jetzt heißt es leider warten. Stichtag ist Montag der 22.9. Noch 7 Tage. Hedi (meine liebe Schwiegermutter) wird auch nervös. Mensch das Pendel lügt doch nie. Dann am 19.9 darf meine Agentin die Segel inspizieren. Sie meint jetzt wäre der richtige Zeitpunkt mal ein paar Millionen an Sie zu überweisen (11.600.000 ganz genau). Null Problem. Wir kennen uns ja schon so lange und sind zusammen durch dick und dünn gegangen. Ich vertraue ihr. Ich blättere einen 10cm dicken Geldstapel auf den Banktresen und schon ist das Geld weg. Montag morgen die Nachricht „Mr. Michael. I am so happy. I just released the sails“. YES. Die Segel gehen raus und am Mittwoch sitz ich schon drauf. War doch alles ganz easy. Ich schick meiner Agentin das Foto und wir danken uns gegenseitig für die gute Zusammenarbeit. Das Pendel kann aufatmen. Es lügt nie.


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Easy Cheasy

Die Angststrecke nach Kolumbien lauert am Horizont. Wir denken uns – erst mal so nah ran wie möglich, das wäre Aruba. Vorher ein Hüpferl nach Curacao. Jetza muss ich leider sagen, dass die Namen nach mehr klingen als die Inseln hergeben. Wie Bonaire san des ziemliche Wüsten ohne richtig viel Flair. Wenn man mit dem Roller mal durch das Land fährt ist das recht trostlos. Ich seh eh nicht viel, weil ich fahre und auf Schlaglöcher und Arschlöcher (die gibts überall in Autos) und so achten muss und den männlichen Tunnelblick hab. Aber Andrea die hinten mitfliegt sieht alles und berichtet dann. So richtig geil ist ein Urlaub hier wohl nur in einem der Luxusresorts, aber da kann ich auch in die Therme Oberlaa und mir den Oarsch pudern lassen – naa, ned ganz aber der Flug ist viel kürzer und es ist billiger. Zumindest Aruba ist sakrisch teuer. Die Kreuzfahrer (3 Pötte können gleichzeitig anlegen…ca 8000 Kunden) werden mit dem Beiboot über einen Kanal, ohne Umweg, in das innere einer Mall gefahren wo man dann gechillt bei Gucci, Tiffany, Rolex etc erleichtert wird. So schaugt des von vorne aus. Drei Straßen weiter werden dir dann aber schon die Drogen vertickt.

Auch bei Curacao muss ich echt in mich gehen um was gescheites zu berichten. Aber mei, wie mein Vater immer gesagt hat: „Für den ders mog iss des Höchste“. Eine deutsche Seglerin liegt hier z.B. weil sie das den schönsten Teil der Karibik findet. Tja. OK, sie haben guten Kaffe und das überall in den niederländischen Antillen, das macht vieles wett. So gut, das ich Depp es voll übertrieben hab und mein empfindlicher Magen sich ne Gastritis eingefangen hat. Die muss ich jetzt in Kolumbien auskurieren wo da doch der Kaffee noch viiiiel besser ist. Aber ich hab doch mal kurz bei Andrea geschnorrt und nen schluck im Mund rotieren lassen und wirklich! Kolumbien hat bis jetzt den besten Kaffee auf der Tour, fette Noten von Schokolade. What shells… in einer Woche taste ich mich vorsichtig mit Cold Brew wieder ran. Der hat kaum Säure. Mir san ja zwei Monate da, aber ich schweife ab, getrieben von meinen leiblichen Begierden. Also wie gesagt es gibt nix zu berichten, ausser vielleicht die Ein- und Ausklarierungen. Immer witzisch. In Curacao kann man nur in einer Lagune „Spanish Waters“ gut ankern. Customs und Immigration sind von dort -und auch untereinander- Kilometer entfernt. Freunde haben 8 Stunden per Bus für das einklarieren gebraucht. Wir haben das ganze per Roller erledigt. Warum erzähl ich das? Ach ja…Im Customs gab es eine Geschichte. Die Beamtin fragt mich: „Haben Sie gefährliche Güter dabei?“. Ich: „Nein, nix“. Daraufhin schweift ihr Blick zu Andrea die wartend wie immer in der Ecke sitzt und zwinkert mir zu…. Ja wie? Echt jetzt? Ich kanns nicht fassen. Ich: „Sie wollen meine Frau als Gefahrengut deklarieren?“. Die Frau hat genau meinen Humor (und Holgers). Sie sagt, dass wir das vielleicht lieber lassen, weil vor einer Woche war ein Skipper da und der hat seine Frau tatsächlich als Gefahrengut deklariert, was sich wohl als selbsterfüllende Prophezeiung herausgestellt hat. Die Lunte war kurz und ist sofort abgebrannt und die deklarierte Bombe ging hoch. Sie muß eine riesen Szene in dem Office gemacht haben. Die Beamtin konnte sie erst mit der Androhung einer Ordnungsstrafe wieder entschärfen. Als sie das erzählt, haben alle anderen Beamten aussenrum ein verschmitztes Grinsen im Gesicht. Muss eine echte Performance gewesen sein. Also Humor ham sie und der Skipper war deutlich mutiger als ich. Hier noch die Buidl von Curacao. Man sieht: Andrea findet immer jemanden zum ratschen und sie ist doch nicht so groß wie sie denkt und sie hat in der Grundschule den Beruf der Mutter ganz korrekt geschrieben und ist voll rehabilitiert. Und ein paar schöne Ecken hat es schon auch. Wir schmeißen ganz im Norden von Curacao noch mal Anker und tauschen in eine Strandbar mit Captain GoodLife unsere noch nie benutzte Hapune gegen zwei Bier. Weil … Regeln sind in jedem Land anders. In Aruba muß man Harpunen als Waffe deklarieren. In Trinidad und anderen Karibikinseln ist z.B Camouflagekleidung verboten. Am Flughafen haben sie sogar (wirklich!!) einem Kind die Hose seiner Barbypuppe abgenommen weil sie rosa Camouflage war. Ausserdem ist in Trinidad öffentliches Wahrsagen verboten. In Bonaire haben die wilden Esel Einwohnerrechte. Für mich neu… in Deutschland darf man nackt Autofahren, aber nicht nackt aussteigen.

Der happy Budda auf dem letzten Bild ist der Securityguard von der Werft wo wir immer uns Kajak angelandet haben in Spanish Waters. Man sieht gleich…auch er hat den landestypischen Humor. Andrea fragt ob sie in Spanish Wateers schwimmen kann um die Gleda zu reinigen. Die Frage war eher wegen dem Dreck, aber er kriegt große Augen: „Nein, nein… da gibt es einen bösen Hai der hat schon drei Segler gefressen“. Andrea: „Echt??“. Darauf schüttelt er nur den Kopf und sagt „Ja klar“. Jedesmal! wenn wir durch die Schranke sind hat er einen Lachkrampf bekommen „Huahaha…swimming in spanish waters“ und sich den bebenden Bauch gehalten. Andrea war sich unsicher, aber er hat uns einfach nur verarscht. Es gab da laut Internet noch nie nen Hai. Ein echter Spaßvogel.

In Aruba hält uns nicht viel, nur das Wetter eigentlich. Für die Überfahrt nach Santa Marta in Kolumbien brauchen wir nämlich ganz ganz wenig Wind. Die Strecke liegt laut Internet ganz weit oben auf den 100 gefährlichsten Routen der Welt, manche sagen Top 5. Die Route führt 280sm von Aruba zum Cabo Galinas und von da weiter zum Cabo de la Vela. Zwei Kaps die es in sich haben.

Hier ein paar entspannende Informationen und Ratschläge von anderen Seglern:

  • NIE, nie nie Aruba verlassen wenn Winde von 25kn möglich sind. Am Cabo de la Vela verstärkt die Düse Wind und Welle um das dreifache…mindestens 20 bis 50NM wegbleiben. Ist als Seemansgrab bekannt.
  • Weg von der Venezuelanischen Küste bleiben, wegen Piraten (betrifft uns von Aruba aus nicht)
  • Der Seeboden bei Cabo Galinas verengt sich hier zwischen östlicher und westlicher Karibik. Strömungen von 2-3 Knoten sind hier normal was zu kurzen steilen Wellen führt. Man sollte besser 20NM vom Kap wegbleiben
  • Der Landwind zwischen den Kaps (thermischer Wind bei Nacht) kann 40+ Knoten Sturmstärke erreichen. Da also nur bei Tag fahren.
  • Vor Santa Marta steht das höchste Küstengebirge der Welt. Der Pico de Columbus ist 5775m hoch und nur 45km vom Meer entfernt. Ganz furchtbare Gewitter sollen dort entstehen.

Ich muss sagen das uns das schon Respekt eingeflößt hat. Zur Entspannung trägt nicht bei, das am Ankerplatz in Aruba Winde mit 35+ Knoten wehen. Die Ankerkette ist 45m komplett durchgespannt. Das regt die Fantasie für die Fahrt an. Wir setzen uns hin und machen das erste mal eine richtige Routenplanung und checken alle 6 Stunden das aktuelle Wetter.

Manche Segler warten bis ein Hurricane durch die Karibik zieht. Dadurch werden die Passatwinde unterbrochen und an den Kaps herscht fast Flaute (jetzt…17.8 gibt es das Phänomen. Erin, ein Kat5 Hurricane hat das Wetter total durcheinander gebracht. In Santa Marta weht kein Lüftchen). Wir wollen nicht solange warten und zwischem dem 6. und 9. August öffnet sich dann ein Wetterfenster für die dreitägige Fahrt. Wenig Wind, bzw. der starke Wind zieht vor uns her. Ein anderes Boot fragt uns ob wir als Buddy boat mit ihnen fahren wollen. Manche fühlen sich anscheinend sicherer zu mehreren. Aber ich check nicht ganz wie das gehen soll bei verschiedenen Booten und Geschwindigkeiten und wir möchten auch lieber selber flexibel entscheiden wann und wie es los geht. Am 5.8 Abends entscheiden wir uns zur Fahrt und teilen das den andern auch mit, die aber lieber noch warten weil Gewitter vor Santa Marta möglich sind. Das Problem ist, das da immer, täglich Gewitter möglich sind. Wir bleiben dabei und fahren am 6.8 um 16:00 genau nach Plan ab. Vorher wie immer zum Ausklarieren. Ein Novum: Das erste Mal auf der Reise wird das Boot durchsucht. Die Beamten kommen mit einem Drogenhund, aber der bleibt lieber bei Andrea am Steg und lässt sich kraulen. Ansonsten war das auch eher Proforma. Klappe auf. Kein Waffenlager? Klappe zu, Affe tot.

Es braucht jetzt hier keinen Spannungsbogen… am 9.8 kommen wir fast genau nach Plan an (4 Stunden später). Zwischen den Kaps mussten wir uns mal ohne Segel treiben lassen um nicht zu schnell zu werden und dann ein Starkwindfeld einzuholen und vor Santa Marta haben wir langsame Zickzackkurse gefahren und gewartet bis sich ein Gewitter vor uns aufgelöst hat. Also ois easy cheasy. Das das so entspannt geht verdanken wir dem Starlink und den super Wettermodellen die es heute gibt. Die Franzosen rechnen für die Gegend ein ganz engmaschiges Model (AROME ANT). Da hat wirklich alles gestimmt. Wind, Böen, Welle, Gewitter. Ansonsten machen wir was wir immer machen. Bei Wellengang Haare selber schneiden, Sonnenauf- und Untergänge anschauen. Und fischen natürlich. Beim Ratschen der Angel braucht Andrea 0.8 Sekunden aus dem Tiefschlaf zum Einholen des Fisches. Ein besondere Brocken hat an Andreas fettesten Köder (Yo Zuni Deep Diver) angebissen. Er hat die ganze Leine abgespult, dann kehrtgemacht und ist auf die Gleda zugerast. Ein Riese. Hat wie ein Schwertfisch ausgesehen und zack war die Leine auch schon ab. Pfuhh..Ich hätte nicht gewusst wie wir den an Bord bekommen sollen.



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